Sonntag, November 11, 2012

Politische Manipulation in der Wikipedia (Teil 2: Grundsätzliches)

Dass die Wikipedia als politische Waffe und Instrument der Manipulation bei umstrittenen Themen benutzt wird, ist nicht neu. Dass sie als Plattform dient, um Menschen, deren Meinung die Autoren der Wikipedia nicht teilen, zu verleumden und zu denunzieren, ebensowenig. Mehrere andere bekannte Persönlichkeiten sind bereits Opfer dieser Praktik geworden. Wenn statt politischen Strömungen allerdings Menschen fertiggemacht werden sollen, ist der Übergang zum Cybermobbing, wie es in anderen sozialen Netzwerken stattfindet, fließend. Vor einigen Wochen berichtete etwa der FOCUS über dieses zunehmende Problem:

Sie sind bösartig und verbreiten sich rasend schnell im Netz: Falsche Anschuldigungen zerstören Beziehungen und Karrieren. Die Opfer können sich kaum wehren. (...) Laut Umfrage des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik wurden 12 Prozent aller Internet-Nutzer bereits Opfer übler Nachrede im Netz.

(...) Die Lügen und Schmähungen sind vielfältig. "Am häufigsten werden die Leute als Betrüger, Kinderschänder oder Ausschwitz-Leugner verunglimpft", erklärt Christian Scherg, der Opfer von Online-Denunziationen berät. (...) Gerade Arbeitgeber googeln ihre Job-Aspiranten. Der Suchmaschinen-Koloss Google spült dabei jede noch so alte Rufmordstory wieder an die Web-Oberfläche.

Zwar haben weder Google, Facebook noch das Internet das Gerücht erfunden – Klatsch gehört zu den menschlichen Grundbedürfnissen. Aber anders als in der analogen Welt kann der Verleumdete nicht persönlich bei missgünstigen Kollegen vorstellig werden, um Lügenmärchen zu parieren, oder bei einer Zeitung die Gegendarstellung einer Falschmeldung durchsetzen.


Der FOCUS-Artikel thematisierte vor allem Google als Transportmittel für derartigen Rufmord. Wie sich aktuell zeigt, ist die Wikipedia nicht weniger problematisch. Auch hier bleiben die Täter anonym, auch hier lassen sich keine Gegendarstellungen durchsetzen. Wer bei den verleumderischen Artikeln richtigstellend einzugreifen versuchte, wurde immer wieder flott auf Lebenszeit gesperrt. Gleichzeitig genießen die Täter offenbar Schutz von Administratoren der Online-Enzyklopädie. In einer Mail, die mir ein Beobachter dieser Vorgänge vor kurzem zusandte, berichtet er folgendes:

Wenn in Wikipedia die geltenden Regeln auch tatsächlich von den Admins durchgesetzt würden, wäre die Tatsache, dass drei Leute bestimmte Artikel dominieren, kein großes Problem. Man könnte sich dann gegen deren Vandalismus durch die Erstattung einer entsprechenden Meldung zur Wehr setzten. Faktisch ist es aber so, dass Meldungen in Bezug auf Vandalismus von SanFran Farmer und Konsorten nach den Erfahrungen der letzten Zeit grundsätzlich abschlägig beschieden werden.

(...) Nach meinen Beobachtungen der letzten Zeit ist es bei den Admins mittlerweile Mode geworden, bei Verstößen von bestimmten Benutzern (SanFran Farmer, Elian, Fiona Baine, Jos Fritz) grundsätzlich keine Sanktionen auszusprechen. Die vier haben speziell bei Artikeln mit Feminismusbezug praktisch Narrenfreiheit. Sie können dort tun und lassen was sie wollen.

(...) Der Weigerung von Admins, bei Verstößen gegen Wikipediaregeln Benutzer entsprechend zu sanktionieren, entspricht auch deren Praxis, auf Zuruf von SanFran Farmer, Elian und Fiona Baine sofort jeden neuen Benutzer zu sperren, der nicht deren feministisches Weltbild teilt. Das führt im Ergebnis dazu, dass andere Meinungen als die der drei genannten längerfristig nie in bestimmten Artikeln zur Geltung kommen können. Praktisch ist es so, wie es zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft war: Nachdem sie an die Macht gekommen waren, gab es in der Reichtagswahl im November 1933 nur noch eine nationalsozialistisch dominierte Einheitsliste. Alle anderen Parteien waren (ähnlich wie mittlerweile viele Benutzer bei Wikipedia) "gesperrt". Nun ist der Vergleich mit der NSDAP sicherlich starker Tobak. Dennoch habe ich den Vergleich nicht ohne Bedacht gewählt: Wer rigeros dafür sorgt, dass andere Auffassungen (die sogar den Wikipediaregeln entsprechend gut mit Sekundärliteratur belegt sind) in Artikeln generell nicht mehr zur Geltung kommen können, handelt nicht anders als es die nationalsozialistischen Machthaber zwischen 1933 und 1945 oder die stalinistischen Betonköpfe zur Zeit der UDSSR getan haben. Auch der Vergleich mit der UDSSR hat seinen Grund: Schließlich kommen in einem ihrer Nachfolgestaaten, nämlich Russland, seit längerer Zeit in den von Putin dominierten Medien auch nur noch regimtreue Inhalte vor. Insofern unterscheiden sich bestimmte Bereiche von Wikipedia nicht wirklich von Rundfunk und Fernsehen im derzeitigen Russland: Es gibt nur noch eine Meinung: entweder die des Feminismus bei Wikipedia oder die von Putin in Russland. Insofern ist die Gleichschaltung in beiden Fällen perfekt gelungen.


Wikipedia war ursprünglich nicht als Mittel gedacht, mit dem anonyme Menschen Leute verleumden können, die sie nicht mögen. Leider hat es solche Denunzianten mit politischen Motiven aber immer schon gegeben, und es wird sie auch immer geben. Wir kennen sie aus dem Nationalsozialismus, wir kennen sie aus dem Sozialismus der DDR und jetzt agieren sie im Dienste der feministischen Ideologie. Ihre Motive sind häufig dieselben: Ihnen ist zum Beispiel ihre Ideologie wichtiger als alles andere. Oft handeln sie auch aus narzisstischer Wut. Oder sie genießen einfach das Gefühl, auf diese Weise Macht über andere Menschen zu haben und ihnen schaden zu können.

Man muss sich hier vor Augen führen, dass die Manipulation von Wikipedia-Einträgen über politisch missliebige Personen und Strömungen seit Monaten erfolgen und die entsprechenden Einträge fast rund um die Uhr im Auge behalten werden, damit fast jedes Einfließen entgegengesetzter Ansichten augenblicklich revertiert wird. Diese fanatische Verbissenheit, mit der diese Hassattacken erfolgen, weist auf eine ausgeprägte Persönlichkeitsstörung hin, wie sie der bekannte Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz in seinem Buch Die narzisstische Gesellschaft beschreibt:

Manche leben ausschließlich davon, sich über andere Menschen aufzuregen, ihnen Schlechtes nachzusagen, sie zu beschimpfen und lächerlich zu machen. Dabei spielt mittlerweile auch das Internet eine unheilvolle Rolle. Mediale Distanz und Anonymität stellen offenbar eine große Verlockung dar, die eigene seelische Verletzung projektiv an andere weiterzugeben. Kein Mensch hätte Interesse, andere zu verfolgen und schlechtzumachen, wenn er nicht selbst auf narzisstischer Kränkungswut wie auf einem Pulverfass sitzen würde. (...) Wenn andere "schlecht" sind, ist man automatisch relativ "besser", das gehört zur notwendigen Regulation der Selbstwertes, ermöglicht aber gerade keine Befreiung.


Mit welchen Regeln man den Einfluss von Ideologen, die sich in der Wikipedia immer häufiger gegen tatsächliche Experten durchsetzen, eindämmen könnte, hat der Medienanwalt Markus Kompa hier dargelegt. Sie werden von den Verantwortlichen der Wikipedia allerdings nicht aufgegriffen. Stattdessen unterstützen die Wikimedia-Stiftung, die in Deutschland die Wikipedia betreut, sowie andere einflussreiche Wikipedianer das Cybermobbing durch Untätigkeit und Blaming-the-victim implizit, statt dagegen klar Stellung zu beziehen. Der Wikimedia-Vorstand, Pavel Richter, bezeichnete gegenüber der Berliner "taz" nicht das Cybermobbing durch die Wikipedia, sondern die Kritik daran als "erschreckend". Die Wikipedia-Projektmanagerin Nicole Ebber erklärte in einem Blog des politischen Lagers, aus dem heraus das Cybermobbing stattfindet, also dem feministischen: "Wir sind inhaltlich mit euch auf einer Linie und schätzen es sehr, dass ihr euch klar und deutlich einbringt. (...) Wollen wir mal einen Hangout machen oder ein Treffen?" (Vergleichbare Angebote gibt es an die Opfer des Cybermobbings nicht.) Das Wikimedia-Support-Team antwortet Menschen, die von Verleumdungen in der Wikipedia betroffen sind, man solle auf der Diskussionsseite des entsprechenden Eintrags mit den Tätern einen "Kompromiss" aushandeln, und erklärt sich ansonsten für nicht zuständig. Und in den Wiki-News erklärte eine Anonyma mit dem Nick "Die Sengerin", Kritik an Cybermobbing und politische Manipulation durch die Online-Enzyklopädie düfe nur von "verdienten Autor_innen" geäußert werden.

Juristisch gegen Verleumdungen in der Wikipedia vorzugehen, erscheint derzeit ebenfalls als aussichtslos. Rechtsexperten sprechen hier inzwischen von einer Wiki-Immunity, die auch nachweisbare Falschbehauptungen schützt:

Faktisch genießt eine nicht von den "Wikipedianern" selbst gelöschte/korrigierte Verleumdung in einem Eintrag im deutschsprachigen Teil der Wikipedia, obwohl sie von einem Deutschen gegen einen Deutschen gerichtet ist, damit die "Wiki-Immunity" – obwohl dieses der rechtlichen Wertung sowohl des US-amerikanischen, als auch des deutschen Rechts, eigentlich widerspricht.


Der Medienanwalt Markus Kompa knüpft an diese Darlegungen seines Kollegen an:

Wikimedia e.V., die sich in der Wikipedia an allen Ecken und Enden als Ansprechpartner darstellen lassen, mit dem Erfolg der Wikipedia brüsten und stellvertretend für diese Preise entgegennehmen, wollen sich nicht zu einer Verantwortung bekennen. (...) Journalisten werden etwa mit der "Begründung" trotz Akkreditierung bei Wikimedia-Veranstaltungen ausgesperrt, sie seien ja "in der Wikipedia gesperrt". Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Wortführer des Vereins mit mit denen der Community weitgehend identisch sind, alle wichtigen Schlüsselpositionen und Rechte von Wikimedia-Soldaten kontrolliert werden.

Das wäre ja nicht weiter tragisch, würden die Wikinger aus Selbstachtung und Reife die naturgemäß auftretenden Probleme mit Weitsicht, Augenmaß und Fairness lösen. Mag es da auch den ein oder anderen Lichtblick geben, so haben die Wikimedia-Herrschaften, mit denen ich bisher das Vergnügen hatte, wenig mehr Persönlichkeit erkennen lassen als trotzige Pubertierende mit Corpsgeist. Und da die Wikimedia durch die Spenden über bemerkenswerte finanzielle Möglichkeiten verfügt, Geld jedoch bekanntlich den Charakter verdirbt, halten die sich für unantastbar.

(...) Nach den Jahren des Aufbruchs haben die meisten Autoren der Wiki-Community längst den Rücken gekehrt. Die einstige Idee des kollektiven Wissens wird heute von einer überschaubaren Clique untereinander heftig zerstrittener, provinzieller Streithanseln dominiert, die ihre Intriganz allenfalls dann überwinden, wenn es gegen Leute von außen geht.


Die Gefahr einer "Wiki-Lynchjustiz" durch öffentliche Diffamierung, wenn der Angegriffene eine Minderheitenposition vertritt, sei sehr real, erklärte der Wikipedia-Experte Jaron Lanier dem SPIEGEL. "In der Wikipedia-Welt bestimmen jene die Wahrheit, die am stärksten besessen sind." Dahinter stecke der Narzissmus von Leuten, die "der Welt ihren Stempel aufdrücken wollen, (...) aber gleichzeitig zu feige sind, ihr Gesicht zu zeigen. (...) Die verstecken sich hinter falschen, erfundenen Identitäten. Wer unsichtbar ist, ist unangreifbar. Die Wahrheit hingegen bekommen Sie nur mit Verantwortlichkeit".

Auch aufgrund der aktuellen Ideologisierung der Wikipedia, die ich bis hierhin anhand der Darstellung meiner Person beispielhaft geschildert habe, haben viele altgediente Wikipedianer erklärt, sich aus der Online-Enzyklopädie zurückzuziehen, solange sie derart leicht als Plattform für Diffamierungen und Cybermobbing genutzt werden kann. Die Zahl der Menschen, die bei so einem Projekt mitarbeiten möchten, sinkt und sinkt ohnehin schon seit längerer Zeit. Das dürfte den Tätern allerdings herzlich egal sein: Der Erhalt einer vernünftigen Wikipedia ist das Letzte, worum es ihnen bei ihren Aktionen geht.

Ich werde auch nach solchen Diffamierungskampagnen, wie sie derzeit gegen mich stattfinden, kritische Artikel veröffentlichen, für die ich trotz derartiger Erfahrungen im Gegensatz zu den Manipulateuren mit meinem Namen stehen kann. Immerhin ist es mir gelungen, in den letzten Monaten auch eine breite Aufklärung über die geschilderten Praktiken anzustoßen. In Diskussionsbeiträgen, in denen auf der Grundlage der Wikipedia behauptet wird, dass die Männerbewegung politisch rechtsaußen stünde, kann man in Zukunft einen Link auf Blogbeiträge wie diesen legen und sich so langwierige Diskussionen sparen.