Samstag, Juni 11, 2011

"Diese Zahlen könnte ich vergessen, diese Erlebnisse nicht"

Regine Sylvesters Essay zur Geschlechterdebatte, den die "Berliner Zeitung" heute veröffentlichte, mäandert ein wenig ziellos umher und enthält einige dumme Sätze ebenso wie manche zitierenswerte Einblicke. Etwa diesen:

2004 erschien die erste sozialwissenschaftliche Studie über Gewalt gegen Männer. Sie wurde in der Berliner Zeitung ausgewertet: "Gewalt gegen Männer, sofern sie von Frauen ausgeht, gilt immer noch als Tabu. Männer wollen nicht wahrhaben, dass sie Opfer von Gewalt geworden sind. Sie bagatellisieren, halten sich aus Scham bedeckt. Jeder vierte Mann hat in seiner Partnerschaft mindestens einmal Gewalt erfahren - physische oder psychische." 2010 zeigte eine Studie der evangelischen Kirche, dass beide Geschlechter fast gleich häufig Täter sind, etwa 30 Prozent der Frauen und 34 Prozent der Männer üben Gewalt aus. Wenn Männer gewalttätig werden, sind sie es meist gegen Fremde. Gewalt von Frauen richtet sich gegen den eigenen Partner.

Diese Zahlen könnte ich vergessen, diese Erlebnisse nicht: Als mein Cousin seine Frau nach langer, unglücklicher Ehe verlassen wollte, versteckte sie eine Rasierklinge in seiner Nagelbürste. Ein anderer Mann aus meiner Familie heiratete eine Frau, die immer ausrastete, wenn er sich anerkennend über eine andere Frau äußerte, auch wenn es nur eine Schauspielerin im Fernsehen war. Einmal schlug sie ihm einen Telefonhörer auf den Kopf, bis Blut kam. Er wusste nicht, wie er sich hätte wehren können ohne zurückzuschlagen, und das konnte er nicht.


Klar wird aus Regine Sylvesters Artikel: So richtig anfreunden mit Männern und in sie einfühlen können sich viele Journalistinnen in unserer frauenzentrierten Medienwelt immer noch nicht, aber die feindselig-gehässige Dauerabwertung von Männern wird zumindest einigen von ihnen zunehmend unbehaglich. Und Sylvesters persönlichem Fazit kann man nur zustimmen:

Frauen sind nicht die besseren Menschen.


Erstaunlich, dass diese Absage an den Sexismus inzwischen eigens in einem Artikel formuliert werden muss.