Freitag, Februar 18, 2011

Seesslen: "Das Glück der Karrierefrau"

Deutsche Frauen im Idealtraum des deutschen Fernsehens erben sehr regelmäßig irgendwo in wuuuunderschöner Landschaft ein feines, kleines Unternehmen, verlieben sich dort in pflegeleichten, arbeitstüchtigen Naturburschen oder finden zurück zur wahren, zur Jugendliebe. Bei der sexualökonomischen Lebensplanung zeigen sie, dass sie aus den Fehlern mit den Loser-Schnarchsäcken daheim gelernt haben, und verbinden perfekt und patent guten Sex mit sozialem Aufstieg.

(...) Das Ganze ist nicht nur Kitsch. Es ist der Kitsch des Neoliberalismus, die weibliche Variante. Er dreht das alte Melodrama auf den Kopf und propagiert eine Art ökonomistischer Heiratsfantasie: Wenn Besitz, Karriere und Vermögen stimmen, dann kommt die Liebe von ganz allein. "Irgendwas mit Natur" ist für deutsche Frauen geeigneter als das internationale Finanzkapital. Cinderella 2011 bekommt Tränen in die Augen bei einem Gedanken: Mittelständisches Familienunternehmen, hinreichend kapitalgedeckelt, gerne mit heimatverbundener Tradition, und bitte nichts mit Dreck und so.


Georg Seesslen, vermutlich Deutschlands renommiertester Filmkritiker, setzt sich mit der Ideologie auseinander, die Frauenfilme des deutschen Fernsehens verkünden.