Sonntag, Februar 28, 2010

"Klar machen zum Gendern" – Männerfreie Zonen in der Piratenpartei gegründet

Inzwischen gibt es in der Piratenpartei eine feministische Splittergruppe samt den offenbar obligatorischen "männerfreien Schutzräumen", wo Frauen für bestimmte Äußerungen nicht solche Gemeinheiten wie "ein Augenrollen" befürchten müssen. Etliche andere Piraten, darunter nicht wenige Frauen, sind angesichts dieser Entwicklung fassungslos bis empört. Mehr erfährt man hier, hier und hier (sowie jeweils unter den dort enthaltenen Links bis hin zu einem Artikel in der "taz").

Samstag, Februar 27, 2010

Genscher oder Haider: Wohin will Westerwelle?

Wer Guido Westerwelles rastlosem Treiben in diesen Tagen zusieht, der fragt sich, wohin er noch will. Man würde zudem gern wissen, was der Außenminister, der er ja auch ist, sieht, wenn er durch die Welt reist.

Ob in Dänemark, den Niederlanden, Frankreich, der Schweiz oder Österreich – in all diesen Nachbarländern hat die Wut der Mittelschicht in den letzten Jahren die politische Kultur verändert. Zum Schlechteren. Auch ohne Hartz IV, kalte Progression und geringem Abstand zwischen Löhnen und Sozialhilfe sind dort Parteien stark geworden, die Mittelschichtsaggressionen gegen Minderheiten richten und so politische Macht gewinnen.

Das sind oft Populisten wie Geert Wilders in den Niederlanden oder der Schweizer Christoph Blocher. Sie nennen sich freiheitlich und machen im Namen der Aufklärung gegen Minderheiten Stimmung. Gegen wen es geht, hängt von nationalen Besonderheiten ab. Das können Muslime sein, Schwarze, sozial Schwache, seltener mal die da oben, sogar die deutsche Minderheit (in der Schweiz), gelegentlich Israel, was in diesem Zusammenhang natürlich heißt: Juden.

Woher kommt diese Wut? Wie kann es sein, dass ausgerechnet jene Wutpolitik belohnen, denen es vergleichsweise gut geht und die zumeist in Ländern leben, die wenige ernste Sorgen kennen?


Hier geht es weiter.

"Wir lassen uns nicht einschüchtern"

Die Berliner Umschau berichtet über die gestrige Veranstaltung zum Gaza-Konflikt.

Freitag, Februar 26, 2010

Mohammed-Karikatur: Dänische Zeitung entschuldigt sich

Das wird denjenigen, die seit Jahren die Hasskappe aufhaben und mit viel Eifer zu einem Kampf der Kulturen hetzen, gar nicht gefallen: Die dänische Zeitung "Politiken" hat jetzt um Entschuldigung für den Abdruck einer fremdenfeindlichen Mohammed-Karikatur gebeten. Der STERN berichtet.

Muslime und Katholiken: Gemeinsam gegen religiöse Diskriminierung

Radio Vatikan berichtet.

Arabische Welt ignoriert Gaddafis Dschihad-Aufruf gegen die Schweiz

Er wollte in arabischen Ländern eine hassvolle Stimmung gegen die Schweizer schüren – und wird von den Menschen, die er aufhetzen wollte, so behandelt wie ein entfernter Onkel, der sich auf einem Familienfest mal wieder auf peinlichste Weise bloßgestellt hat: Man schüttelt vielleicht heimlich den Kopf, versucht ansonsten aber, den durchgeknallten Alten weitgehend zu ignorieren. Die Basler Zeitung berichtet.

"Die meisten Muslime werden eher schmunzeln" sagte der Islamwissenschaftler Reinhard Schulze diese Reaktion bereits gestern Abend zutreffend voraus.

Hier im Westen ist Gaddafis Ausbruch allerdings ein gefundenes Fressen für so manchen Islamophoben, und zur Sippenhaft für alle Muslime ist es dann nur ein kleiner Schritt. Darüber berichtet die Schweizer Zeitung 20 Minuten.

Nachtrag: Auch der Schweizer Blick bleibt erfreulich gelassen.

Alice im Hamsterland

Der Politblogger kommentiert die neueste Peinlichkeit Alice Schwarzers. Wie sich auch im Kommentarbereich des Artikels zeigt, findet der radikale Frauen-gut-Männer-böse-Feminismus auch bei uns Linken immer weniger Anhänger.

Donnerstag, Februar 25, 2010

"Erfolgreiche Kampagne gegen Juden, die Israels Überleben sichern wollen"

Der Zusammenhang ist für Außenstehende nur schwer zu verstehen, für in der Friedensbewegung Aktive jedoch durchsichtig: Wer nicht „pro-israelisch“ im Sinne der offiziellen und kamikazehaften Regierungspolitik des Landes ist, wird als Antisemit denunziert – und zwar mit Kampagnen, die von keinem Geringeren als dem Reut-Institute ersonnen werden, das seit seiner Gründung im Jahr 2004 in Tel Aviv die israelische Regierung unterstützt.

Das Vorgehen ist inzwischen altbewährt: Über den Newsletter der antipalästinensischen Initiative “Honestly Concerned“ wird zum Angriff geblasen auf Norman Finkelstein, Felicia Langer, Evelyn Hecht-Galinski, Uri Avnery und andere, die für Israel die Überlebenschance im Ausgleich mit den Nachbarn sehen und nicht in der Eskalationspolitik der letzten Jahre. Man schreibt, ruft oder mailt diejenigen an, die Veranstaltern einen Raum geben wollen, um Information, Diskussion, Meinungsaustausch und somit Meinungsbildung zu ermöglichen. Besonders letztere scheint gefürchtet und darf auf keinen Fall dem Urteilsvermögen des Einzelnen überlassen werden, nachdem unliebsame Fakten wie der Goldstone-Bericht ans Tageslicht gebracht wurden.

(…) Eines wird jedoch deutlich: die Bedeutung der gerne vor sich her getragenen Meinungsfreiheit dieser Diffamierer von Berufs wegen scheint sich zu wandeln. Statt Meinungsfreiheit für alle und Kontroversen, die ausgetragen und ausgehalten werden müssen, soll wohl der Begriff Meinungsfreiheit in Zukunft etwa folgende Bedeutungskomponenten enthalten: pro-zionistisch und frei von Völkerrecht + anti-islamisch und frei von Menschenrechten.


Hier findet man den vollständigen Artikel.

Guardian: "This tide of anti-Muslim hatred is a threat to us all"

Last month's British Social Attitudes survey found that most people now regard Britain as "deeply divided along religious lines", with hostility to Muslims and Islam far outstripping such attitudes to any other religious group. On the ground that has translated into murders, assaults and attacks on mosques and Muslim institutions – with shamefully little response in politics or the media. Last year, five mosques in Britain were firebombed, from Bishop's Stortford to Cradley Heath, though barely reported in the national press, let alone visited by a government minister to show solidarity.

And now there is a street movement, the English Defence League, directly adopting the officially sanctioned targets of "Islamists" and "extremists" – as well as the "Taliban" and the threat of a "takeover of Islam" – to intimidate and threaten Muslim communities across the country, following the success of the British National party in ­baiting Muslims above all other ethnic and religious communities.

Of course, anti-Muslim bigotry, the last socially acceptable racism, is often explained away by the London bombings of 2005 and the continuing threat of terror attacks, even though by far the greatest number of what the authorities call "terrorist incidents" in the UK take place in Northern Ireland, while Europol figures show that more than 99% of terrorist attacks in Europe over the past three years were carried out by non-Muslims. And in the last nine months, two of the most serious bomb plot convictions were of far right racists, Neil Lewington and Terence Gavan, who were planning to kill Muslims.


Hier findet man den vollständigen Artikel.

"Harter Tobak" …

… schrieb einer der Kommentatoren, und er hat Recht. Wer schon bei den "multikulti-gutmenschlichen" Inhalten meines Blogs in Hitze gerät, sollte mal einen Blick nach nebenan werfen. Der Moslem hat heute eine fast schon schmerzhaft brutale Interview-Parodie mit dem Chefredakteur der "Welt" online gestellt, bei der kein Auge trocken bleibt. Allmählich drehen manche Kritiker der Rechten rhetorisch genauso auf wie die Rechten selbst. Aber vielleicht gehört auf einen groben Klotz ja wirklich ein grober Keil? Immerhin waren die Rechtspopulisten mit ihrer Randalier-Rhetorik durchaus erfolgreich beim Kampf um Aufmerksamkeit. Ach, bilden Sie sich doch einfach Ihr eigenes Urteil.

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Rechtsextremer Front National kopiert SVP-Plakat

Die Übernahme "rechtskonservativer" Propaganda durch Rechtsextreme schreitet munter voran. Sie ist ja auch aufgrund fehlender Unterschiede problemlos möglich.

Mittwoch, Februar 24, 2010

Trendwandel rechtsaußen

Politisch verortet sich Patrik Brinkmann, inspiriert von der 'Neuen Rechten' Frankreichs, als "Rechter", auch "konservativ" und "Patriot" (im Interview mit den islamfeindlichen "PI-News"), aber ein "Neonazi" will er nicht sein - und spricht sich deshalb gern für einen "Kurs ohne NS-Irrsinn" aus - eine beliebte neurechte Rhetorik, um sich von missliebigen Traditionen frei zu sprechen, ohne Ideologie bearbeiten zu müssen. Wiederkehrende Themen sind ein ethnopluralistisches "Europa der Völker", das Brinkmann anstrebt, dessen Kernproblem "nicht die Juden, sondern die Muslime" seien (redok). Vom Antisemitismus traditioneller Neonazis oder der NPD fühlt sich Brinkmann abgestoßen, sein rassistisches Thema ist der "Kampf gegen den Islam", wobei er zwar öffentlich islamfeindliche Äußerungen aller Art tätigt, sich dann aber nicht als Anti-Islamist sehen möchte, sondern "nur" gegen eine "Islamisierung" Deutschlands und Europas antreten will - Muslime, die sich "geläutert" zu den "Grundwerten des Humanismus" entwickelten, dürften zwar auch nicht mehr rein ("Aber auf jeden Fall ist das Boot voll."), müssten aber auch nicht raus (im Interview mit "PI-News" und im Interview mit "Gesamtrechts.net"). Zudem legt er Wert darauf, dass sein Rassismus kein völkisch-biologischer sei, wie bei der NPD ("politisch dumm, unfruchtbar und provinziell"), sondern ein kulturell geprägter Rassismus, weil "Herkunft, Kultur und Wille" ein "Volk" prägten. Zum Brinkmannschen Repertoire rechtsextremer Einstellungen gehört außerdem der Kampf gegen Homosexualität. Flexibel zeigt sich Brinkmann dagegen im Blick auf die USA - war die in älteren Wortbeiträgen Brinkmanns noch ein Feind des gleichberechtigten "Europas der Völker", dass in starker Bindung zu Russland entstehen sollte, sieht er sie heute als "natürlicher Verbündeter" Europas.


Netz gegen Nazis liefert am Beispiel Patrik Brinkmanns eine sehr gute Zusammenfassung über die aktuellen Mutationen am rechten Rand. Übereinstimmungen mit den Haltungen bestimmter Pressorgane und Blogs, die hier immer wieder Thema waren, sind bestimmt rein zufällig.

Dienstag, Februar 23, 2010

"Germany: Freedom to speak on racism under threat"

Dass in Deutschland die Meinungsfreiheit bedroht ist, sobald man Rassismus thematisieren möchte, haben inzwischen auch ausländische Beobachter wie in diesem Fall Liz Fekete in Großbritannien mitbekommen:

In Germany, an anti-racist academic faces prosecution for questioning whether court negligence could have been a contributory factor in the case of Marwa al-Sherbini, who was stabbed to death in a Dresden courtroom in July 2009.

Some of Germany's foremost academics, journalists, peace campaigners, trades unionists and politicians have formed the Action Group Against Racism and for Freedom of Expression and Academic Freedom (Aktionsbündnis gegen Rassismus und für Meinungs-und Wissenschaftsfreiheit). The Alliance is concerned about the implications for academic freedom posed by the prosecution of Dr Sabine Schiffer, Director of the Institute for Media Responsibility in Erlangen. Dr Schiffer is accused of slandering a police officer; she has been summonsed to appear before Erlangen Municipal Court on 24 March and, if convicted, could face a 6,000 Euros fine or two months imprisonment.


Hier geht es weiter.

Sezgin: "Pluralismus bleibt Pluralismus"

Nahezu ungehemmt entfalten sich bei manchen Politikern und Medien derzeit Phantasien für neue Verbote, mit denen die Gesetzgebung bei Migranten stark in das eingreifen würde, was man bei Deutsch-Deutschen als "Privatleben" oder "Meinungsfreiheit" kennt - zum Beispiel mit einem Minarett-, Kopftuch- oder Burka-Verbot. Aber Pluralismus bleibt Pluralismus, ob der Vertreter einer missliebigen Meinung nun einen deutschen oder einen türkischen Namen trägt. Von der Lage der Argumente her macht es keinerlei Unterschied, ob ein Frauenverächter in Deutschland, Russland oder China geboren ist; und es gibt auch keine Abstufungen der Legitimität. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit gilt für alle, und die Familien aller sind im selben Maße schützenswert.


Hilal Sezgin fordert in der "Süddeutschen Zeitung" dieselben Freiheiten für Muslime, die Nicht-Muslimen gewährt werden.

"Terror": Dubioser Vorwurf gegen Scheidungsväter-Aktivisten

Der "Kampf gegen den Terror" nimmt zunehmend absurde Züge an:

Immer dubioser wird das Vorgehen von Linzer Polizei und Staatsanwaltschaft gegen Aktivisten von Väterorganisationen. Wie „Die Presse“ am Samstag berichtete, haben mehrere führende Mitglieder von Vereinen, die sich für die Rechte von Scheidungsvätern einsetzen, von der Linzer Polizei eine Ladung zur Einvernahme als Beschuldigter erhalten. (…) Warum genau den Aktivisten die Mitgliedschaft in einer Terrorgruppe vorgeworfen wird, wissen sie auch nach ihrer Einvernahme nicht. Ihre Fragen wurde von den Kriminalisten nicht beantwortet. Und auch „Die Presse“ erhielt keine Auskunft …


Aber vermutlich steht in Zukunft in jedem EMMA-Artikel über die Väterbewegung, dass gegen deren Mitglieder bekanntlich "wegen Terrorismus" ermittelt worden sei.

Hier findet man den vollständigen Artikel.

Drohungen vor Männerkongress: Professor Amendt muss mit Leibwächtern auftreten

Alles muss man selber machen: Da ich mit der Medienberichterstattung über den Düsseldorfer Männerkongress nicht so ganz zufrieden war, habe ich für das liberale Politik-Magazin "eigentümlich frei" den AGENS-Vorsitzenden Eckhard Kuhla zu dieser Veranstaltung, wo auch er zu Gast war, interviewt.

Sonntag, Februar 21, 2010

Spiegel-Online: "Männer sind doof und wir sollten mal was gegen das negative Männerbild tun"

Der Spiegel-Online-Artikel zum Düsseldorfer Männerkongress … nun ja, er ist doch arg durchwachsen geworden.

Ich beginne mal mit dem Negativen, das ist in der Überzahl: Der Beitrag beginnt, offenbar um den redaktionellen Vorgaben zu entsprechen, die mittlerweile mit unsichtbarer Tinte in unseren Pressekodex geschrieben worden sein müssen, mit dem gewohnten ausführlichen Lamento darüber, inwiefern das weibliche Geschlecht überlegen und das männliche Geschlecht minderwertig ist. Ich zitiere nur mal stichpunktweise:

Frauen haben die Männer abgehängt … Mädchen sind besser in der Schule, mittlerweile auch in den "klassischen" Jungs-Fächern wie Mathematik … Frauen rauchen weniger als Männer, nehmen nicht so häufig Drogen, leiden nicht so sehr unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und sie leben länger. Frauen sind seltener kriminell … Kurzum: Frauen sind die Gewinner, in allen Disziplinen. … Aber dabei blieb es nicht: Frauen haben nicht nur nach und nach Männerbastionen erobert - sie haben laut Forschern auch die erfolgreicheren Strategien für das Leben allgemein. … Dabei sind sie aufs Ganze gesehen flexibler als Jungen. Beispiel elektronische Medien: Während Mädchen zwar auch viel Zeit mit Internet und Fernsehen verbringen, gehen sie dennoch umsichtiger mit den neuen Medien um. … "Männer haben eine enorme Schlagseite hinsichtlich der elektronischen Medien", sagt Hurrelmann, "sie lassen sich viel mehr von Internet und Computerspielen absorbieren als die Mädchen." … Frauen seien flexibler, anpassungsfähiger, durchschauten Spielregeln schneller und könnten Herausforderungen so besser meistern - in der Schule wie im Leben. Männer hingegen reagierten öfter mit Frust, Verweigerung, Rückzug oder nach außen gekehrter Aggression. … "Frauen kommen mit dieser strukturellen Ungewissheit der Lebensplanung besser zurecht" … Wie gehen Jungs damit um? Überfordert mit den Herausforderungen des Lebens und ihrer Rolle bunkern sich viele von ihnen bei ihren Eltern ein.


Und so weiter und so fort. Lest es selbst, das Zitieren macht jetzt schon keinen Spaß mehr. Man fragt sich, warum Frauen (weit überwiegend aus den Steuergeldern von Männern) noch immer mit Milliardensummen gefördert werden müssen, wenn sie doch ohnehin das Über-Geschlecht darstellen.

Etwas später macht der Spiegel-Online-Artikel allerdings einen merkwürdigen Schlenker. Nach langen Absätzen des Männer-Bashings liest man plötzlich:

Sein Kollege Walter Hollstein, Geschlechterforscher von der Universität Bremen und Autor des Buches "Was vom Manne übrigblieb", sieht vor allem das das Problem, dass ehemals typisch männlich geltende Tugenden gesellschaftlich mittlerweile als Stigma gelten - nach Ansicht Hollsteins eine Folge der ursprünglich von feministischen Bewegungen verbreiteten Bilder, die mittlerweile Eingang gefunden hätten in die populäre Kultur. Die Welt sei weiblicher geworden, meint Hollstein. Das Weibliche gelte mittlerweile als die Norm, das Männliche eher als pathologisch. (…) So auch in den Kindergärten und Schulen, die sich laut Hurrelmann die Frauen in den letzten Jahrzehnten ebenfalls nach und nach erobert hätten. "Jungen sind einfach anders als Mädchen - und das müssen wir akzeptieren." Stattdessen bekämen sie viel zu oft negative Signale, dass es nicht in Ordnung ist, wie sie sind.


JA, DIESE SIGNALE ERHALTEN SIE. ZUM BEISPIEL VON SPIEGEL-ONLINE. Es ist schon faszinierend mitanzulesen, wie ein männlicher Spiegel-Redakteur, als befände er sich im Zustand tiefster Hypnose, über lange Strecken eben jenes Verhalten zeigt, das er wenig später mit Rückgriff auf Walter Hollstein vollkommen zutreffend als destruktiv kenntlich macht. Natürlich trägt dazu bei, dass sich der so ausführlich zitierte Klaus Hurrelmann offenbar selbst noch nicht von diesem Schwarz-Weiß-Denken lösen kann. (Wobei ich es einem Spiegel-Redakteur durchaus zutraue, dass er besonders hingebungsvoll vor allem jene Äußerungen Hurrelmanns zitiert, die ohnehin in sein bisheriges Weltbild passen.)

Gegen Ende allerdings macht der Artikel, hast du's nicht gesehen, mit demselben Mangel an Reflektion darüber, ob das so überhaupt alles zusammenpasst, eine weitere Kurve. Wurde darin eben noch festgestellt, man solle Jungen Jungen sein lassen, statt ihr Verhalten als minderwertig abzuwerten, heißt es nun, man müsse "Jungen ermuntern, ihre Rolle zu erweitern, sich Fähigkeiten jenseits des klassischen Männerbildes anzueignen: Sprache, Kommunikation, Empathie, offenen Umgang mit Gefühlen." (Weil ja bisher alle Philosophen, Schriftsteller, Diplomaten und Therapeuten weiblich sind.) Dieses "Jungen ermuntern" scheint so ziemlich genau dem zu entsprechen, was ohnehin gängige Geschlechterpolitik ist: Männer in die Richtung zu schubsen, wo sich das vermeintlich höherwertige weibliche Geschlecht befindet. Das gleichzeitig durch zig Girls-Days und etliche andere Maßnahmen darauf trainiert wird, die Rolle der angeblich so minderwertigen Männer auszufüllen. Man kommt sich vor wie in Schilda.

Nun mag ein Teil der Crux bei diesem Beitrag schlicht dem Umstand zu verschulden sein, dass Männerpolitik im Jahr 2010 deutlich komplexer und vielschichtiger ist, als in einen Spiegel-Online-Artikel passt (zumal man bei diesem Thema, anders als bei Frauenpolitik, offenbar bei so gut wie keinem Journalisten nähere Vorkenntnisse erwarten darf.) Aber ein gewaltiger Anteil an diesem Misstand liegt auch darin, wie sehr unsere Medienmacher die feministische Ideologie bereits verinnerlicht haben: Ohne einen Kotau vor den Frauen und einem Niedermachen der Männer geht es nun mal nicht. Und wenn überhaupt endlich so etwas wie eine Männerpolitik gefordert werden darf, dann selbstverständlich nicht, weil es den Männern damit besser ginge, sondern nur zum Nutzen der Frauen: Weil denen nämlich sonst angeblich "die passenden Männer ausgehen". Was ja interessante Visionen über eine Zukunft erlaubt, in der die gelante Umerziehung nicht stattfindet (oder nicht gelingt): Reihenweise Bekehrung von Frauen zum Lesbentum? Oder ein sprunghafter Anstieg der Verkaufszahlen von Vibratoren, die jetzt auch den Rasen mähen und 70 Stunden die Woche Familieneinkommen erwirtschaften können?

Gut, ich will den Artikel nicht völlig niedermachen. An zwei Stellen muss ich ihn sogar loben. Dieser Absatz hier trifft bei der aktuellen Problematik doch ziemlich ins Schwarze:

Zudem hätten Männer kaum Advokaten für ihre eigene Sache, sagt Hollstein. Und die wenigen liefen Gefahr, sofort diffamiert zu werden. Zudem gebe es kaum Jungen- und Männerforschung. Gerhard Amendt, Soziologe an an der Universität Bremen, der Scheidungsväter erforscht, sagt: "Wir wissen nur sehr wenig über Männer." Die Bundesregierung verweigere den Männern auch einen Gesundheitsbericht, so wie es ihn seit Jahren für Frauen gibt, meint Hollstein.


Wenn man die sexistische Ausrichtung von Medien, Forschung und Politik zugunsten nur eines von beiden Geschlechtern angehen könnte, wäre in der Tat schon viel gewonnen. Die in dem Artikel geschilderten Probleme vieler Männer sind ja zutreffend, aber hier offenbart sich weniger eine Minderwertigkeit der Männer als ein Versagen der Geschlechterpolitik. Und sorry, diese Geschlechterpolitik wurde in den letzten Jahrzehnten nicht von Männerrechtlern gemacht, sondern von Feministinnen.

Der andere deutliche Pluspunkt dieses Artikels: In der linken Spalte des Artikels gibt es einige brauchbare Linktipps. Einer davon führt zu einer noch sehr jungen, aber auch sehr hoffnungsfrohen kleinen Initiative namens AGENS … Das tröstet allerdings auch nur ein wenig.

Abschließend sei hier die Bewertung des MANNdat-Vorsitzenden Eugen Maus zitiert:

Die Fakten sind ja nun schon seit etlichen Jahren offenbar, zumindest für diejenigen, die gelegentlich einen Blick auf die Internetseiten von MANNdat werfen. Für den akademischen Bereich ist es daher geradezu ein beschämendes Eingeständnis, wenn Hurrelmann schreibt: "Mit erheblicher Verspätung hat jetzt eine Diskussion darüber begonnen, wie die gravierende Benachteiligung des männlichen Geschlechts in Erziehungs-, und Berufsbildungseinrichtungen zum Halt gebracht werden kann."

Wäre es nicht schön, wenn man endlich mal dahin gelangen könnte, wenigstens ein einziges, winziges Gesetzchen zu machen, das den Überhang bei der Frauenförderung drastisch runterfährt (meine Lieblingsoption, schon unter finanziellen Aspekten) oder zumindest auch mal bei aktuellen Gesetzesentwürfen, z.B. zur Beschneidung, wenigstens andeutungsweise auch Interessen von Jungs und Männern berücksichtigen würde?

Ich wage eine Voraussage: Wenn sich die Politik durch diesen Kongress zu irgend etwas bewegen lässt, dann zu einer profeministischen Männerförderung und zu sonst nichts.


Nachtrag: Auch "Die Welt" berichtet über den Männerkongress. (Treffendster Satz nicht nur dieses Artikels, sondern zur Debatte insgesamt: "Er soll und soll und soll.") Und wenig überraschend macht "heute" von allen Inhalten des Kongresses allein Männerbashing zur Titelschlagzeile.

Samstag, Februar 20, 2010

Finkelstein kommt nicht nach Deutschland

Gestern hatte ich unter der Rubrik "Meinungsfreiheit" noch gebloggt, "Finkelstein darf in Deutschland Israel kritisieren", heute sieht es schon ganz anders aus:

Nachdem auch die beiden Veranstaltungen in München (am 24.02. im Amerikahaus, am 25.02 im Kulturhaus Milbertshofen) abgesagt wurden, hat Norman Finkelstein beschlossen, nicht nach Deutschland zu kommen. In Berlin hatte er inzwischen eine Einladung der jungen Welt bekommen, die am 26.02. einen Vortrag über Gaza ausrichten wollte. Finkelstein möchte nicht, dass mit den Auseinandersetzungen um seine Auftritte die Situation der Palästinenser, um die es in seinen Vorträgen gehen sollte, in den Hintergrund tritt.


Die Quelle zu dieser Meldung und einen längeren Beitrag über den deutschen Mangel an Liberalität, sobald es um die Nahost-Debatte geht, findet man hier.

Ob ein Redeverbot wirklich hilfreich dabei ist, die Entstehung von Antisemitismus zu verhindern, möchte ich stark bezweifeln.

Nachtrag: Inzwischen liegt eine Stellungnahme der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost zu diesen Geschehnissen vor.

Zu Besuch bei den Islamhassern

Pro NRW hat, zumindest im Rheinland, geschafft, wovon alle rechten Parteien träumen: sie hat das Thema Islam für sich besetzt. Die Angst und die Vorbehalte vor Muslimen in Deutschland sind nach Meinung der meisten Experten das vielversprechendste Reservoir für Wählerstimmen am rechten Rand. Wer aus der Bedeutungslosigkeit rauskommen will, muss gegen Muslime Stimmung machen. Dementsprechend sieht der Parteitags-Saal heute aus …


Der STERN berichtet über den Parteitag von Pro NRW.

Einen weiteren Bericht darüber gibt es hier.

Erfolg durch Islamophobie: Ein deutscher Wilders vorstellbar?

N-tv hat den Niederlande-Experten Friso Wielenga im Interview.

Medien schüren Islamfeindlichkeit

Die Wahrheiten würden jedoch immer wieder verschoben, indem immer wieder solche Fotos gedruckt werden, die ein hohes Minarett und einen winzigen Kirchturm abbilden, obwohl der Kirchturm 74 Meter und das Minarett gerade mal 34 Meter hoch sei. “Zur Bebilderung eines Konfliktes, der sich nicht zuletzt um Symbole dreht, wählen viele deutsche Medien also ein Foto, das die Größe des islamischen Bauwerkes in Deutschland grotesk verzerrt und nicht die Realität, sondern die Ängste vieler Menschen abbildet”, heißt es in der SZ vom 18. Dezember. Diese Art der Bildfälschung sei Propaganda für islamfeindliche Kräfte, die die ,Überfremdung‘ der angeblich so umfassend christlich geprägten Kultur anprangern.


via

Islamfeindliche Initiative wird in Berlin aktiv

Der Tagesspiegel berichtet.

"Die Zeit fürs Vorurteil"

Nachdem FDP-Chef Westerwelle mit seinen Sprüchen gegen Hartz-IV-Empfänger auf heftige Resonanz stößt, kommt eine neue Lieferung zum Thema jetzt von den bürgerlichen Medien selbst. Der Chefredakteur der Zeit verweist auf längst bekannte Zahlen, nach denen Migranten und ihre in Deutschland lebenden Nachkommen überproportional häufig auf Hartz IV angewiesen sind. Es dränge sich der Verdacht auf, dass das hiesige Sozialsystem eine "massenhafte Einwanderung in die sozialen Netze auslöst", heißt es in dem Leitartikel. Die Bild-Zeitung schlagzeilte in Verweis auf den Kommentar der "hoch angesehenen Zeit": "Warum kriegen Migranten häufiger Hartz IV als Deutsche?" Tja, warum?


Hier geht es weiter.

Fremdenfeindlicher Karneval: von 1934 bis 2010

Kruppzeuch hat ein paar anschauliche Impressionen zusammengestellt.

Freitag, Februar 19, 2010

Unterschriftenliste für die Meinungsfreiheit Dr. Sabine Schiffers online

Jetzt sind wieder mal wir Liberalen gefordert: Eine Anzahl prominenter und weniger prominenter Unterstützer setzt sich für die akut bedrohte Meinungsfreiheit der Erlanger Medienwissenschaftlerin Dr. Sabine Schiffer ein. Näheres erfährt man hier.

Frankreich: Halali auf Halal-Burger

Wer gerne vor Fett triefenden Speck im Hamburger mag, der wird sich nur ungern auf geräucherte Pute umstellen. Wer allerdings Kalorien sparen möchte, dürfte begeistert sein. Für andere dagegen, so sorgen sich einige französische Politiker, ist das doch eine Zumutung: Sie haben nämlich in ganzen 8 von 360 Filialen der Imbiss-Kette Quick in Frankreich keine Wahl mehr, weil sich die Betreiber auf diese Weise ganz auf ihre mehrheitlich muslimischen Gäste eingestellt haben. Dort gibt es nur noch «Halal-Burger», die islamischen Reinheitsvorschriften entsprechen - also kein Schwein enthalten, und nur Tiere, die durch Ausbluten getötet werden. «Das ist eine Diskriminierung», betonte der sozialistische Bürgermeister René Vandierendonck.


Hier geht es weiter.

Siehe zur Anti-Islam-Hysterie in Frankreich auch: Republik noch nicht in Gefahr.

Dämonisierung des Islams: Nordrhein-Westfalens Rechte rüstet zur Wahl

Wenn Rechtsaußen Demokratie spielt, wird’s oft unfreiwillig komisch.


Inwiefern verrät "Die Zeit".

Meinungsfreiheit: Finkelstein darf in Deutschland Israel kritisieren

Nachdem zwei linke Stiftungen nach öffentlichem Druck eingeknickt waren und die Neokonservativen bereits jubilierten, darf sich Norman Finkelstein jetzt doch in Deutschland kritisch zur israelischen Politik äußern. Die taz berichtet.

Hurrelmann fordert Jungenförderung und mehr Rollenfreiheit für Männer

Der Sozialwissenschaftler und AGENS-Mitstreiter Prof. Klaus Hurrelmann wurde gestern Abend in der Sendung "Kulturzeit" interviewt. Das Gespräch ist hier in der rechten Spalte online abrufbar.

Anlass für das Interview war der Männerkongress, der heute und morgen in Düsseldorf stattfindet.

Donnerstag, Februar 18, 2010

taz: NPD entdeckt Freuden der "Islamkritik" relativ spät

"Arbeit statt Zuwanderung", "Bildung statt Moscheen" oder "Heimat statt Minarette" heißen die neuen Kampfansagen. "Infam", findet Wolfgang Benz, der Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung, "weil es an niedere Instinkte appelliert und Gegensätze konstruiert, die es überhaupt nicht gibt". Zudem würden beim Begriffspaar "Zeche statt Ghetto" Assoziationen an die Juden als klassisches Feindbild geweckt.


Aber daran stören sich wohl nur "linksreaktionäre Gutmenschen", um einen prominenten NPD-Wegbereiter zu zitieren. Benz als Gegner wird die Nationalisten jedenfalls nicht schrecken; der einstige Schutzmann gegen den Rechtsextremismus ist längst von den Polemikern der "Achse des Guten" und "Lizas Welt" geschliffen worden. Die Dankesbekundungen der NPD sind an Broder und seine Kumpane vermutlich schon unterwegs. Dabei hat diese Partei lange gebraucht, um zu begreifen, was für ein roter Teppich ihnen hier ausgerollt worden ist:

Dass die NPD das Potential der Islamophobie so spät erkannt hat, liegt nach Meinung von Alexander Häusler, Mitarbeiter der Arbeitsstelle Neonazismus der FH Düsseldorf, an den Auseinandersetzungen in der Partei selbst. "Eigentlich hat die gesamte modernisierte extreme Rechte in Europa einen Kursschwenk gemacht. Vom offenen Antisemitismus über vermeintliche Religionskritik zum neuen Kulturrassismus". Diese Entwicklung habe bei Parteien wie dem belgischen Vlams Belang, der FPÖ in Österreich und der Schweizerischen Volkspartei zu so großem Erfolg geführt. Es gelang ihnen rassistische Themen in die Mitte der Gesellschaft zu rücken und damit salonfähig zu machen.


Und wer hat Ihnen dabei in erster Linie geholfen?

Zu einer Lektüre von Biedermann und die Brandstifter ist es jedenfalls immer noch nicht zu spät.

Mittwoch, Februar 17, 2010

Hilal Sezgin: Warum Broder Unsinn erzählt

In der aktuellen "taz" erklärt Hilal Sezgin, inwiefern es grotesk ist, wenn Henryk Broder sich in die Opferrolle des armen Ausländers und Juden wirft, der vom bösen deutschen Feuilleton gemobbt wird. Und sie macht auch auf eine andere wichtige Sache aufmerksam:

Womit wir beim letzten Stichwort, dem "Mut" wären, den angeblich nur die Islamkritiker bräuchten. Doch auch die Verteidiger der multikulturellen Gesellschaft sind vehementen Anfeindungen ausgesetzt - unter anderem in Online-Leserforen, wo jeder vermeintlich "islamfreundliche" Artikel persönliche Beleidigungen, allgemeine Diffamierungen der "Musels" und die Schilderung von Gewaltfantasien nach sich zieht. Dabei macht der Hass der im Internet organisierten Islamfeinde auch vor nichtmuslimischen Publizisten nicht Halt. Vielleicht ist das mit ein Grund, warum die gegenwärtige Debatte mit so viel Ausdauer und Leidenschaft geführt wird. Gerade im Internet zeigen sich Islamfeinde allen Andersdenkenden gegenüber derart aggressiv, dass sie die Behauptung, es gehe ihnen um Kritik und nicht um Hass, selbst ad absurdum führen.


Hier kann ich definitiv nur zustimmen: aus eigener Erfahrung, aus der Erfahrung meiner Bekannten, die gegen Fremdenfeindlichkeit anschreiben, und schließlich aus dem, was Prominente wie Stefan Niggemeier so an Mails erhalten, sobald sie Rassisten kritisieren. Etliche Menschenfeinde, die für ihr eigenes rechtsradikales Krakeelen lautstark "Meinungsfreiheit" einfordern, knallen komplett durch vor Wut und Hass, sobald jemand Muslime öffentlich in Schutz zu nehmen wagt. Von sachkundiger Islamkritik ist dieses Gegeifer Lichtjahre entfernt.

Schwedische Muslime als Wahlkampfmunition

Die Baltische Rundschau berichtet.

"Gleichstellung der Juden Vorbild für Muslime"

Das Magazin Gazelle rezensiert das von Thorsten Gerald Schneiders herausgegebene Buch "Islamfeindlichkeit".

Dienstag, Februar 16, 2010

NPD stellt Anti-Islam-Plakate vor

Die NPD hat ihre Anti-Islam-Plakate für den Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen vorgestellt. “Nachdem wir vorletztes Wochenende das Wahlprogramm verfaßt haben, können wir nun die erste Plakatserie vorstellen”, so NPD-NRW-Chef Claus Cremer. Er halte sie für “sehr gelungen”. Schwerpunktthema werde “die Überfremdung und die damit verbundene Islamisierung unserer Heimat sein”. Zur Gestaltung der Plakate sagte Cremer: “Es sind wieder unverwechselbare Plakate, die man von der Gestaltung her der NPD sofort zuordnen kann. Auf allen Plakaten ist ein umfallendes Minarett zu sehen und es sind die ersten Plakate unserer Partei, die den neuen Namenszusatz ‘Die soziale Heimatpartei’ tragen.”


Das NPD-Blog berichtet über die neuesten Entwicklungen in der "Islamkritik".

(Und ja, die NPDler sprechen tatsächlich von einer "ausländerkritischen Haltung", so wie die Islamophoben ihre Ressentiments hinter der Bezeichnung "Islamkritik" verbergen wollen. Da hat jemand mal wieder sehr auffällig beim Sitznachbarn abgeschrieben. Vermutlich wird bald schon in deutschen Feuillentons die Mahnung erhoben werden, eine "ausländerkritische Haltung" sei mutig statt politisch korrekt und ein wichtiger Stützpfeiler der Meinungsfreiheit, weshalb es ein Skandal sei, dass sie z. B. in der "Süddeutschen Zeitung" nicht vorkomme. Thierry Chervel, übernehmen Sie.)

Montag, Februar 15, 2010

Posener: Islamophobe mit "stalinistischer Ader"

Ich habe es gewagt, auf der „Achse“ die dort herrschende Ideologie der Islamophobie in Frage zu stellen. Das konnten sie nicht haben. Wer die Linie des ZK in Frage stellt, fliegt eben raus.


In einer Mischung aus Streitgespräch und Interview erklärt Alan Posener, wie es aussieht mit den Parallelen zwischen Antisemitismus und Islamophobie, regressiven Formen von politischer Korrektheit sowie der merkwürdigen Zusammenarbeit zwischen rechten Juden und linken Antideutschen – wozu Posener allerdings anmerkt:

Ich sehe (…) keine "Phalanx von rechten Juden und linken Antideutschen", wie Sie das formulieren. Ich sehe einzelne jüdische Stimmen - Broder, Giordano - in einem anschwellenden Bocksgesang, der zum überwältigenden Teil arisch ist. Die meisten Juden erkennen die Melodie und halten sich fern.


Definitiv lesenswert, auch wenn man nicht jeder einzelnen von Posener (oder Brodkorb) vertretenen Position zustimmen mag.

Konflikt zwischen Schweizern und Deutschen – ein reines Medienthema?

Sie schnappen uns die tollen Jobs weg, die Wohnungen, die Männer. Sie bitten beim Bäcker nicht höflich um ein Gipfeli, sie bellen quer durch den Raum «Ich krieg ein Brötchen!». Sie nehmen uns nicht ernst, aber unsere Gastfreundschaft in Anspruch. Sie sprechen unsere Sprache nicht, dafür ihre umso lauter. Sie ziehen nicht in die Schweiz, sie annektieren sie; sie können gar nicht anders, historisch bedingt. Und sie holen ihresgleichen nach, denn je mehr Deutsche da sind, desto weniger bleiben übrig, an die sie sich gewöhnen müssen.

So sieht es aus, das Zusammenleben von Deutschen und Schweizern in der Deutschschweiz — wenn man SVP-Vertretern wie Christoph Mörgeli und ihren Brüdern im Geiste, Journalisten wie den «Weltwoche»-Chefs Markus Somm und Roger Köppel glaubt. Kein Miteinander, nirgends. Nein, ein einziges Gegeneinander, ein Hauen und Stechen, und als Hauptwaffe — oft genug als Totschlagkeule — die Sprache.


Das Schweizer "Magazin" hat sich vor Ort genauer angeschaut, wie die Zusammenarbeit mit Deutschen in der Schweiz ausschaut. Dabei schildern viele Deutsche und Schweizer ihren Eindruck, dass das Thema in den Medien hochgekocht werde und in Wahrheit vieles "halb so wild" sei. Völlig beiseitewischen lassen sich die Ressentiments vieler Schweizer jedoch nicht:

Ute, eine Pflegerin aus Stuttgart, erzählt, dass sie früher, im Spital in Langenthal, Zeitungsartikel anonym ins Fach gelegt bekam, in denen alle Deutschen über einen Kamm geschoren wurden. An Nachschub war kein Mangel, in jeder dritten Ausgabe von «20 Minuten» findet sich etwas. Das Elend nahm erst mit ihrem Wechsel nach Zürich vor einem Jahr ein Ende.

Bei keiner anderen Nationalität, keiner anderen Volksgruppe würde man sich so ein Schubladendenken zugestehen — unvorstellbar, dass im französischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen stundenlang über den Anpassungswillen etwa der Italiener debattiert wird. Jeder seriöse Journalist würde sich diskreditieren, wenn er Hochrechnungen vom Einzelnen auf einen Nationalcharakter anstellen würde. Das Ressentiment gegen die Deutschen dagegen darf man scheinbar öffentlich pflegen, selbst als sogenannter Intellektueller, denn sie haben ihre Popularität mit dem Dritten Reich auf Generationen hinweg verspielt. Und dann hinterher, wie Mörgeli, die Empörung der Professoren damit zu legitimieren, dass die SVP wohl «einen Nerv getroffen» haben müsse, als sie «deutschen Filz» an Schweizer Universitäten anprangerte — dieser Missbrauch der Historie grenzt an Perfidie.

"Vorsicht vor Fränkli und Gruezi"

Die meisten Zuwanderer aus Deutschland haben einen Arbeitsplatz, beherrschen Deutsch besser als die Schweizer und ecken doch immer wieder an, ja, sie werden sogar mit dem Vorwurf konfrontiert, den Schweizern die Wohnungen und die Liebespartner wegzuschnappen. Sie werden zu Sündenböcken und lösen damit zumindest vorübergehend andere Bevölkerungsgruppen ab, welche früher im Fokus der populistischen Pauschalverdächtigungen standen.


Die Integrationsbeauftragte Zürichs verrät in der "Süddeutschen Zeitung", wie man es als Deutscher vermeidet, den Schweizern auf die Zehen zu treten.

Vorwiegend versöhnliche Töne bei muslimischem Symposium in Zürich

Im Zürcher Volkshaus diskutierten gestern Sonntag 700 Musliminnen und Muslime streng nach Geschlechtern getrennt, wie sie nach dem Minarettverbot in der Schweiz leben können.


Und der Schweizer "Tagesspiegel" berichtet darüber. Ein Auszug:

Nicolas Blancho, Präsident des Zentralrates, zählte fast eine halbe Stunde lang Verbrechen auf, die sich in der sogenannt zivilisierten Welt ereigneten – Morde an Kindern und jungen Frauen, Amokläufe, Familiendramen – und am Ende behauptete er, das Christentum sei an allen Missständen Schuld. «Einverstanden?» fragte er sein Publikum. Erst war es ruhig, aber dann antworteten die Männer im Chor: «Nein». Blancho lächelte befriedigt: «Man kann euch also nicht so einfach radikalisieren.» Kein Muslim, kein Mensch, so sagte er, käme auf die Idee zu behaupten, das Christentum sei schuld an allen Missständen. Aber ebenso wenig sei es der Islam. Und deshalb habe man auch kein einziges Problem gelöst, wenn man Kopftücher verbiete.


Die Schweizer Muslime scheinen mit der Kriegserklärung, die ihnen SVP & Co. derzeit entgegenschleudern, recht gelassen umzugehen.

Nordrhein-Westfalen: Islamhasser wollen in den Landtag

Schon 2009 warnte der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Ingo Wolf (FDP), im Verfassungsschutzbericht, «Pro NRW ist ein trojanisches Pferd des Rechtsextremismus». Die Gruppe tarne sich als bürgerliche Bewegung, schüre aber Bürgerängste gegen den Bau von Moscheen – genau wie die Organisation Pro Köln, aus der die landesweite Bewegung hervorgegangen war und die inzwischen im Kölner Stadtrat gegen Muslime hetzt.


Denise Peikert berichtet über die neue Strategie der Rechtsradikalen, politisch ans Ruder zu kommen.

Islamische Länder: Dschihadismus geht dramatisch zurück

The data on public opinion in the Muslim world are now overwhelming. London School of Economics professor Fawaz Gerges has analyzed polls from dozens of Muslim countries over the past few years. He notes that in a range of places—Jordan, Pakistan, Indonesia, Lebanon, and Bangladesh—there have been substantial declines in the number of people who say suicide bombing and other forms of violence against civilian targets can be justified to defend Islam. Wide majorities say such attacks are, at most, rarely acceptable.

The shift has been especially dramatic in Jordan, where only 12 percent of Jordanians view suicide attacks as “often or sometimes justified” (down from 57 percent in 2005). In Indonesia, 85 percent of respondents agree that terrorist attacks are “rarely/never justified” (in 2002, by contrast, only 70 percent opposed such attacks). In Pakistan, that figure is 90 percent, up from 43 percent in 2002. Gerges points out that, by comparison, only 46 percent of Americans say that “bombing and other attacks intentionally aimed at civilians” are “never justified,” while 24 percent believe these attacks are “often or sometimes justified.”


Jörg Lau zitiert einen Newsweek-Artikel Fareed Zakarias darüber, wie sich die moderaten Muslime mehr und mehr gegen die Extremisten durchsetzen.

Kaum weniger beachtenswert ist ein weiterer aktueller Blogeintrag Laus, in dem dieser erklärt, dass die allermeisten Juden bei dem seltsamen Trip, auf dem sich Broder, Giordano, Weinthal und Konsorten befinden, lieber nicht mitreisen möchten. Was im Augenblick gegen Muslime abgeht, erinnert viele Juden nicht ohne Grund an einen ganz ähnlichen Hass, dessen Zielscheibe sie selbst schon allzuoft geworden sind:

Cilly Kugelmann, stellvertretende Leiterin des Jüdischen Museums, war regelrecht angewidert von der Minarettdebatte. Muslimischer Antisemitismus ist ein Problem – aber die Unterdrückung der religiösen Symbole einer Minderheit ist absolut intolerabel für Juden, die gerade versuchen, die Diaspora-Erfahrung positiv neu zu besetzen. Die gleichen Äußerungen kamen von Lala Süsskind, Präsidentin der Jüdischen Gemeinde in Berlin, und Rabbiner Jehuda Teichtal von Chabad Lubawitsch. Kopftuchverbote sieht man extrem skeptisch – denn sie würden perückentragende Ortodoxe ja auch treffen müssen. Der ganze kulturkämpferische Furor unserer Islamdebatte ist für Juden sehr verdächtig. Rabbiner, die Frauen nicht die Hand geben, sind etwas ganz Normales selbst für gemäßigte Orthodoxe.

Übrigens macht es vielen Juden hierzulande auch keine Freude, dass Israel von Islamhassern vereinnahmt wird, die sich gerne Israelfähnchen oder Gilad-Shalit-Hafttage-Zähler auf die Websites pappen. Wer solche Freunde hat ...

"Muslime in Europa: Der neue Hass"

Natürlich ist es leicht, im Netz zu pöbeln. Das Medium ist anonym, schnell ist ein Kommentar geschrieben und gepostet, die Regeln des menschlichen Umgangs bleiben da schnell mal auf der Strecke. Das Schlimme aber ist: Was im Internet zu lesen ist, ist leicht entschärft auch anderswo zu sehen und zu hören. Wenn in Talkshows über den Islam debattiert wird, dann bekommt der den lautesten Beifall, der vor Extremisten warnt und die Muslime zur Besserung mahnt.

Merkwürdige Koalitionen entstehen, wenn etwa in Köln gegen den Bau einer Moschee protestiert wird. Da findet sich dann plötzlich ein «islamkritischer» jüdischer Intellektueller wie Ralph Giordano Seite an Seite mit einem rechtsextremen «Bürgerbündnis». Gegen die Vereinnahmung durch die Rechten verwahrte er sich freilich. Und doch: Das, was als «Islamkritik» daherkommt, segelt in gefährlichen Gewässern und läuft nur allzu oft Gefahr, sich in den Untiefen von Rassismus und religiösem Hass zu verirren. Aus «Islamkritik» wird Islamophobie.


Christoph Heinlein erklärt, wie sich eine ultrarechte Weltanschauung in die Mitte unserer Gesellschaft frisst.

Sonntag, Februar 14, 2010

Lesermail (Hochselektives Zitieren der Islamophoben)

Von meinem Leser R.P. habe ich heute Abend folgende Mail erhalten:

Grüß Gott, Herr Hoffmann,

heute ist im Feuilleton der aktuellen Wochenendausgabe (13./14. Februar 2010) der Süddeutschen Zeitung ein Artikel von Stefan Weidner unter dem Titel "Früchte des Zorns" (Untertitel: "Können wir mit der Islamkritik noch umgehen?") zu lesen.

Der Artikel ist bislang leider nicht im Internet erschienen. Zumindest SPIEGEL-Online verrät uns darüber (in der Kolumne "Heute in den Feuilletons") aber folgendes:

Stefan Weidner findet, dass die Islamkritik-Debatten in Deutschland nicht nur im Vergleich zu angrenzenden Ländern, in denen es Anschläge gibt und populistische Parteien gegründet werden, total harmlos sind. Er sieht in ihnen sogar etwas ausgesprochen Gutes: "Der anti-islamische Protest bedarf der politischen Formierung überhaupt nicht. Er verfügt über ein Ventil, das ein viel geeigneterer Ausdruck seiner Wut ist. Dieses Ventil ist nichts anderes als die Islamdebatte selbst. Die Medien, selbst in einer tiefen Orientierungskrise, geben einen dankbaren Resonanzboden für diese Art von Aufregung ab. Sie haben eine Blitzableiterfunktion übernommen, die uns mit ein bisschen Glück dauerhaft vor einer islamfeindlichen Partei rechts vom existierenden politischen Spektrum bewahrt."


Hui! Klingt ja scheinbar recht positiv für die Medien. Oder doch nicht?

Weidner hat in seinem Artikel über die "Anti-Islambewegung, die sich bis tief in den medialen Mainstream ausleben kann", nämlich noch etwas gaaanz anderes, für die Medien und den sich "islamkritisch" gebenden Teil der Intellektuellen deutlich weniger Schmeichelhaftes geschrieben, wovon aber der SPIEGEL, der in seinen Reihen bekanntlich einen gewissen Hassprediger beschäftigt, in seiner Feuilleton-Übersicht nichts erwähnt.

Ich habe mal Auszüge daraus abgetippt:

"Mit Argumenten ist hier nichts zu bewirken. Es geht längst nicht mehr um die Sache, sondern um den Protest als Protest. Um unanfechtbar zu wirken, hat er sich hinter einer Dogmatik von großer weltanschaulicher Geschlossenheit verschanzt. Der Kernsatz dieser Glaubenslehre lässt sich auf eine denkbar einfache Formel bringen: Der Islam war nie gut, ist nicht gut und kann nicht gut sein. Gerade diese Unzugänglichkeit für Argumente ist es, die unter Intellektuellen und Verantwortlichen in den Medien den Kultstatus der Bewegung ausmacht. Es tut gut, endlich einmal eine klare Meinung haben zu dürfen, nicht ständig differenzieren und lavieren zu müssen. Am Widerspruch, der ihr hie und da noch entgegenschlägt, wächst sie nur, und wenn es ein begründeter Widerspruch ist, erhöht sie die Lautstärke und wächst damit erst recht.

(...)

Wenn man aber mit der Anti-Islambewegung nicht verhandeln kann, weil sie keine satisfaktionsfähigen politischen Ziele kennt; wenn man mit ihr nicht argumentieren kann, weil sie von Unterscheidungen nichts wissen will; wenn man sie nicht beschwichtigen kann, weil sie ihre Empörung ausleben will, und jede Beschwichtigung als Appeasement-Politik geißelt, wie sollen sich die Nachdenklicheren unter uns Zeitgenossen dann ihr gegenüber verhalten? Schweigen und Hinnehmen kann die Methode nicht sein, will man nicht eine schleichende Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas in Kauf nehmen. Ein erstes, doch eigentlich unüberhörbares Warnzeichen dafür, der Dresdener Gerichtssaalmord, spielte schon jetzt in den Debatten keine Rolle mehr, als hätte das eine mit dem anderen so gar nichts zu tun.

Es steht zu befürchten, dass vorerst kein anderes Mittel bleibt, als der Bewegung ihre eigenen Strategien abzuschauen. Keine Toleranz den Intoleranten, predigen die Islamgegner. Es empfiehlt sich, sie absolut beim Wort zu nehmen und ihnen nichts, aber auch gar nichts durchgehen zu lassen."


Ich dachte, Sie sollten auf jeden Fall von dem Artikel Kenntnis haben. Vielleicht wird er ja auch in den nächsten Tagen im Netz zu lesen sein.


Dass die Rubrik "Heute in den Feuilletons" so hochselektiv aus einem für die "Islamkritiker" vernichtenden Artikel zitiert, dass die inhaltliche Tendenz komplett irreführend wiedergegeben wird, wundert mich nicht. Hinter der Rubrik "Heute in den Feuilletons" steckt nämlich niemand anderes als Broders Spezi Thierry Chervel, der inzwischen mindestens genauso herumstinkt wie sein Meister und deshalb auch genauso von Politically Incorrect und Konsorten gefeiert wird. Als Dank für seine Unterstützung erhielt Chervel eine völlig übergeschnappte Lobesyhymne auf seine jeden Werktag aus verschiedenen Zeitungen zusammengeklaubten Zitate von einem weiteren Broder-Spezi im Deutschlandradio. Hundertmal treffender indes war die Klarstellung der muslimischen Journalistin Hilla Sezgin, wie widerwärtig die Masche des Perlentauchers mittlerweile ist. Chervel ist mit seiner Arbeitsweise der vielleicht beste Beweis dafür, dass die Islamophoben für inhaltliche Argumente komplett unempfänglich sind: Diese Argumente werden von den Islamophoben selbst ignoriert und deren Lesern in derart ausgewählten Fetzen und wirren Zusammenfassungen mitgeteilt, dass an die Stelle von Aufklärung Irreführung tritt. Als etwa vor kurzem Daniel Bax in der tageszeitung haarklein und ganz konkret erklärte, aus welchen Gründen genau die Propaganda der Islamophoben mit seriöser Islamkritik so ziemlich gar nichts zu tun hat, fasste Chervels "Perlentaucher" diesen Artikel wie folgt zusammen:

In tazzwei wählt Daniel Bax die Überschrift "Unter Hasspredigern", um ein weiteres Mal seinem Abscheu über "Kelek & Co" Ausdruck zu verleihen.


Man merkt: Inhaltlich scheint NICHTS von dem, was Bax lang und breit erklärt hat, so dass der Dümmste es begreifen müsste, bei Thierry Chervel angekommen zu sein. Offenbar hat Stefan Weidner vollkommen Recht mit seiner Analyse: Argumente machen bei diesen Leuten einfach keinen Sinn. Sie sind beherrscht von einer Dogmatik und einem Fundamentalismus, die kurioserweise noch den reaktionärsten Islamisten widerspiegeln: eine antiliberale Haltung, die die Islamophoben bis aufs Blut zu bekämpfen vorgeben, die aber in ihnen selbst am stärksten wuchert. Und so wie mancher islamistische Demagoge setzen sie darauf, die Inhalte so verzerrt unters Volk bringen zu können, dass die vielen Leser, die die Hintergründe nicht kennen, sich davon für dumm verkaufen lassen. An die Stelle von sachgerechter Aufklärung tritt aufputschende Emotionalisierung. Und genau deshalb machen Schlagzeilen wie "Unsere Hassprediger" über diese Leute Sinn.

In den USA üben reaktionäre Ideologen wie Rush Limbaugh, Bill O'Reilly Michael Savage ihren propagandistischen Einfluss vor allem über private Radostationen aus. Ihre deutschen Brüder im Geiste versuchen es über das Internet. Und bis jetzt hat die so furchtbar meinungsunterdrückende "linke Medienmafia" ihnen nicht das Geringste entgegenzusetzen, sondert dient ihnen, wie vergangene Woche "taz" und Telepolis sowie grundsätzlich SPIEGEL und SPIEGEL-Online als sperrangelweit geöffnetes Einfallstor. Wer beim Thema Islam von einer "linken" Meinungshoheit in unseren Medien phantasiert (wobei "links" in dieser Lesart lediglich "nicht fremdenfeindlich" bedeutet, also problemlos auch in der CDU zu finden wäre), der ist ein Träumer. Und deshalb hat Stefan Weidner auch mit dem Fazit seines Artikels Recht, das ich hier gerne wiederhole: "Keine Toleranz den Intoleranten, predigen die Islamgegner. Es empfiehlt sich, sie absolut beim Wort zu nehmen und ihnen nichts, aber auch gar nichts durchgehen zu lassen."

Samstag, Februar 13, 2010

Wie rechts ist Kristina Schröder?

Die Familienministerin ist ein beliebtes Thema in rechtsextremen Ecken des Internet. "Vielleicht wäre sie in der NPD besser aufgehoben", schreibt eine Userin namens Nicole auf Altermedia; sie meint es als Lob. Beim DVU-nahen Blog Gesamtrechts heißt es, Kristina Köhler erscheine "aufgrund ihrer Kompetenz in Sachen Islam und Linksextremismus als kleines Hoffnungszeichen". Die Islamophoben von Politically Incorrect bezeichnen sie als "ein in vieler Hinsicht erfrischendes neues Gesicht in der schwarz-gelben Bundesregierung". Und die deutschnationale Blaue Narzisse glaubt, Köhler habe "das Potential, der Brückenkopf eines neuen Konservatismus in der siechen CDU zu werden".


Die aktuelle "Zeit" beschäftigt sich mit den fragwürdigen Aspekten im politischen Wirken unserer Familienministerin – erklärt aber auch, warum Rechtsradikale mit Kristina Schröder letzten Endes nur punktuell etwas anfangen können:

Doch die Rechtsausleger haben auch gemerkt, dass Köhler außerhalb des Extremismus-Feldes keine von ihnen ist: Weil die Ministerin einen schwulen Büroleiter hat und einen Preis an ein lesbisch-bi-schwules Antidiskriminierungsprojekt verlieh, rief das neue rechte Schmuddelmagazin Zuerst! sie zum "Superstar der Homosexuellen-Lobby" aus.


via

Goslarer Geschlechterdialog findet überregionales Interesse

Folgende Pressemitteilung gaben mit Datum vom 10. Februar die Gleichstellungsbeauftragte und der Oberbürgermeister der Stadt Goslar heraus:


Goslarer Geschlechterdialog findet überregionales Interesse
Eine ungewöhnliche Veranstaltung

Erstmalig wurde in einer kommunalen Veranstaltung Feminismus und Gleichstellungsarbeit im Kontext eines einfühlsamen Umganges mit männlichen Belangen gebracht. „Endlich, so eine Diskussion ist überfällig“ fasst es eine Frau aus dem Publikum zusammen. „Wir müssen überlegen, wie wir gut miteinander umgehen und uns unterstützen können“.

Die Begrüßungsworte des Oberbürgermeisters „Diskriminierung kennt kein Geschlecht“, die Reaktionen der Veranstaltungsbesucher und das überregionale Interesse zeigen: die Zeit ist reif für eine neue Politik Mann – Frau!

Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Goslar hat diesen Geschlechterdialog in Gang gebracht und erntet dafür Zustimmung und überregionales Interesse, aber auch Unverständnis und unverhohlene Ablehnung. Die Arbeitsgemeinschaft „AGENS“, so deren Sprecher Eckhard Kuhla, wird diesen innovativen Goslaer Geschlechterdialog mit ihrem Expertenwissen zukünftig begleiten.

„Frauen haben sich für ihre Rechte eingesetzt, aber auch für einen fairen Umgang miteinander“ unterstützt eine Teilnehmerin den neuen Geschlechterdialog. Die Frauenbewegung hat für Frauen die längst fällige Gleichstellung weitgehend erreicht. Das Feindverhältnis zwischen Frau und Mann, die Zuweisung in Opfer und Täter, spaltet die Gemeinsamkeit, urteilen die Referenten. „Ist die Diskriminierung des einen Geschlechtes in die des anderen umgekippt?“ fragt eine Zuhörerin.

Die Folgen dieser feministischen Überziehung sind unübersehbar. „Ich hoffe, dass ihre Fortbildung auch im Jugendamt und beim Familiengericht ankommt“ so ein betroffener Vater. Hohe Scheidungsquoten mit rund 100.000 Scheidungskindern pro Jahr. Wir werden Zeuge von täglichen „Bürgerkriegen“ (Astrid von Friesen). Mittlerweile werden Scheidungen und Alleinerziehende auch zu einem ökonomischen Faktor für Kommunen und die Volkswirtschaft. „Scheidung ist keine Privatsache mehr“, Männer können keine zweite Ehe mehr eingehen und weitere Kinder zeugen, weil sie es sich nicht mehr leisten können. (Gerhard Amendt).

Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Goslar möchte die private und gesellschaftliche Sprachlosigkeit und Lähmung vieler Männer überwunden sehen. Dafür hält sie das Formulieren der männlichen Perspektive in der Gleichstellungsarbeit und in den Kinder- Jugend- und Familieninstitutionen für hilfreich und unverzichtbar. Sie fordert Frauen und Männer auf, diesen Dialog der Geschlechter auf Augenhöhe mit voranzubringen. Am 18.2.2010 trifft sich der regionale Arbeitskreis „AGENS Goslar“ um 18 Uhr in der Neuwerkkirche (Remter) um sich zum Thema weiter auszutauschen. Gäste willkommen. Um Anmeldung wird gebeten unter Tel. 05321/704 366 oder Email: gleichstellung@goslar.de.


(Disclosure: Ich bin Vorstands- und Gründungsmitglied von AGENS.)

Julia Löhr in der FAZ: "Die Pausen-Frauen"

Die Empörung ist programmiert. Kaum kommt eine Studie zu dem Ergebnis, dass Frauen in Spitzenpositionen Mangelware sind, wird das Klagelied auf die "Old-Boys-Networks" angestimmt, die angeblich den Weg in die Top-Etagen der Wirtschaft versperren. Von gläsernen Decken ist da die Rede, die Frauen an einem Aufstieg hindern. Zuletzt befeuerte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung die Diskussion. Nur 2,5 Prozent der Vorstände in den 200 größten Unternehmen Deutschlands sind weiblich, rechneten zwei Forscherinnen des Instituts vor. 21 Frauen in den Vorständen stehen 812 Männer gegenüber. Und das, obwohl Frauen die Hälfte der Bevölkerung ausmachen. Skandal! Oder doch nicht?


Hier geht es weiter.

Freitag, Februar 12, 2010

"Brutaler als Männer"

Die "junge welt" berichtet über einen aktuellen Bericht der von ehemaligen israelischen Soldaten gegründete Organisation "Breaking the Silence":

Jetzt hat »Breaking the Silence« erstmals Aussagen von Soldatinnen veröffentlicht. Sie berichten über ihre Einsätze in den besetzten Gebieten und an den Kontrollpunkten, wo sie engsten Kontakt zur palästinensischen Bevölkerung haben. Gewalt und subtile Erniedrigung spielt hier eine besonders große Rolle. Frauen müssen sich einfügen, wenn sie von ihren männlichen Kollegen oder Vorgesetzten akzeptiert werden wollen. Konfrontiert mit dem oft rücksichtslosen und gewalttätigen Klima im Einsatz geraten Frauen wie Männer oft in Konflikt mit ihren religiösen oder humanistischen Werten. Die Broschüre dokumentiert auf erschreckende Weise, wie sich Soldatinnen in solchen Situationen verhalten. Mehr als 50 Frauen haben beschrieben, wie sie entweder über alles hinwegsehen oder selbst brutal gegen die Menschen vorgehen, die ihnen schutzlos ausgeliefert sind. »Einige der Frauen verhalten sich gewalttätiger und brutaler als die Männer«, um von ihnen anerkannt zu werden, sagt Dana Golan von »Breaking the Silence«.


Natürlich leidet der Artikel unter der ideologischen Grundannahme, dass Männer von Natur aus böse sind und Frauen von Natur aus gut, letzere aber unmoralische Handlungen begehen, weil sie sich der "bösen" Männerwelt anpassen wollen. Wenn man diese sexistische Vorannahme einmal außen vor lässt, ist dieser Bericht aus Sicht der Gewaltforschung aber durchaus aufschlussreich.

Donnerstag, Februar 11, 2010

Sager: Kulturrassismus gefährlicher als althergebrachter Rassismus

Ich würde den Begriff des Kulturrassismus bevorzugen. Und der ist für die demokratische Kultur einer Stadt oder eines Bundeslandes vielleicht sogar gefährlicher als der Rassismus alter Prägung. Weil er häufig nicht einmal als Rassismus erkannt wird. Weil die Rassisten alter Schule, wie sie sich zum Beispiel in der NPD tummeln, eher marginalisiert sind. Und weil dieser Kulturrassismus anknüpfen kann an öffentliche Debatten, wie sie gerade aktuell ja sogar in den Feuilletons großer Zeitungen geführt werden.


Da MiGAZIN hat Tomas Sager im Interview.

Mittwoch, Februar 10, 2010

"Fegt ihn weg, den deutschen Dreck!"

"Report München" berichtet über den von der SVP befeuerten Schweizer Deutschenhass und seine Folgen: Video hier

via

FAZ: Armenier, Juden und Christen entsetzt über Broder & Co.

So haben viele der Frauen, die heute in der Türkei ein Kopftuch tragen, es nicht aus Zwang oder zwingender religiöser Überzeugung angelegt. Sondern aus Trotz: weil sie nicht wollen, dass man ihnen vorschreibt, wie sie ihre Religion zu leben haben. (…) In der Türkei ist das Kopftuch in dem Augenblick zu einem politischen Symbol geworden, in dem der Staat bestimmte, wer es wann tragen darf - ohne den Versuch eines Kompromisses zu unternehmen. In der gleichen Weise wird jetzt das Schweizer Minarettverbot aufgefasst.

(…) Die religiösen Minderheiten aber, Armenier, Juden und Christen, von denen viele mit der Regierung Erdogan und dessen Bestrebungen auf einen EU-Beitritt die Hoffnung auf mehr religiöse Rechte verbinden, sind entsetzt: Europa ist für sie immer noch der Ort der Toleranz und Religionsfreiheit. Verbote, die auf dem von Henryk M. Broder propagierten „Wie du mir, so ich dir“ beruhen würden und die Grundwerte aushebeln müssten, können sie nicht gebrauchen.


Hier findet man den vollständigen Artikel.

FPÖ-Kandidat sorgt für Aufregung

Ein weiterer "Vorkämpfer für die Meinungsfreiheit" macht gerade in Österreich von sich reden:

Mayerhofer ist auf dem vierten Platz der FPÖ in Bludenz für die Gemeindewahl gereiht. Laut "Vorarlberger Nachrichten (VN)" soll er mit islamfeindlichen Einträgen in verschiedenen Internetforen aufgefallen sein.

Als Beispiele zitieren die "VN" etwa: "Es ist den Museln jetzt sehr gut anzuraten ja still zu sein und sich nicht zu mucksen. Wie heißt es so schön. Ist die Kugel aus dem Lauf, hält sie nur der Teufel auf" ... "Von Museln als Nazi bezeichnet zu werden empfinde ich persönlich als Auszeichnung" ... "Denn der Islam ist keine normale Religion, sondern eine degenerierte verkommene Ideologie".

Er mache aus seiner Meinung prinzipiell keinen Hehl, wird Mayerhofer von den "VN" zitiert. Er stehe zu seinen Aussagen.


Die Vorarlberger Nachrichten selbst berichten folgendes:

Die Wortwahl Mayrhofers ist unmissverständlich. Beispiel gefällig? „Von Museln als Nazi bezeichnet zu werden empfinde ich als Auszeichnung. Dann wissen sie wenigstens zu was man noch fähig sein wird und auch fähig sein muss. Es gibt europaweit nur mehr die Gewaltoption“, schreibt der Bludenzer beispielsweise in einem Blog, der auf der Hompage von „SOS Österreich“ zu finden ist. Oder in einem Blog der Wienerzeitung: „Eine Regierung, die nicht imstande ist, das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung zu verteidigen, gehört mit nassen Fetzen verjagt.“ Er mache aus seiner Meinung prinzipiell keinen Hehl, bestätigt Mayrhofer auf Anrage der VN. „Eine Meinung ist zumutbar, ich stehe dazu, dass ich auf dieser Homepage schreibe“, bestätigt Mayrhofer auf VN- Anfrage – verweist auf „einen dringenden Termin“ und schaltet sein Handy aus.


Wie man es inzwischen erwarten darf, erhalten die zitierten Äußerungen in der Kommentarspalte des Artikels deutliche Unterstützung. Schließlich gelten sie für viele mittlerweile nicht mehr als rechtsextrem, sondern als "mutig" und "urliberal".

Hagalil: Wie Linke mit Rechtsradikalen zusammenwachsen

Ein Fundstück aus einem längeren wissenschaftlichen Artikel über islamischen Antisemitismus:

Spätestens hier wird klar, dass das Motiv solcher „Orientalistik“ nicht die wissenschaftliche Erkenntnis oder Kritik ist, sondern die Pflege antimuslimischer Ressentiments. Wie das antisemitische Ressentiment Teile des Rechtsextremismus und des Linksradikalismus mit dem politischen Islam zusammenführt, so führt das antimuslimische Ressentiment andere Teile der extremen Rechten mit manchen Linken zusammen. So wird Raddatz durchaus von Teilen der „Antideutschen“ positiv rezipiert. Selbst der aus der Linken kommende Publizist Henryk M. Broder, der sich in den letzten Jahren immer verbissener gegen den Islam ausspricht und in seinem jüngsten Buch offen erklärt, dass „die Idee, man könne dem Terror nur mit rechtsstaatlichen Mitteln beikommen, die Grenze zum Irrealen“ überschreite, gibt mittlerweile – wenn es gegen den Islam geht – Interviews in offen rechtsextremen Medien, so etwa im Internetmedium Blaue Narzisse.


Schön, dass auch Hagalil solche Entwicklungen immer weniger ignorieren kann.

USA: Endstation Sarah Palin?

Das Anti-Islam-Geschrei ist in den USA bereits etwas zu Gunsten anderer Themen in den Hintergrund getreten. Dies alles dient dem Zweck, Präsident Obama spätestens 2012, besser früher, abzulösen und die amerikanische Gesellschaft umzubauen. Das soll dann richtungweisend für den Rest der Welt sein. Der Verlust des über 50 Jahre von den Kennedys gehaltenen Senatssitzes von Massachusetts war in diesem Zusammenhang hochwillkommen. Eine der fördernden Methoden in den Medien ist dabei der „hate talk“, und der hat ProtagonistInnen, die sich nicht nur auf Islamophobie verstehen. Mit ihrer gewaltfördernden Sprache vergiften sie die Debatte, teilweise bis hin zu eliminatorischen Diskursen. Die, die ich im Folgenden anspreche, sind auch in Europa bekannt und stehen beispielhaft für die mittlerweile vielen Anderen. Außerdem: ihre deutschen Klone haben sich schon auf den Weg und an die Arbeit gemacht.


Maryam Dagmar Schatz liefert einen sehr guten Überblick darüber, mit welchen Mitteln die amerikanische Rechte das Weiße Haus erobern will.

Studie über Germanophobie in der Schweiz liefert neue Erkenntnisse über Fremdenfeindlichkeit

Eine gute (Aus-)Bildung, eine Wohnung und ein Arbeitsplatz sind durchaus keine Garantie für eine gelingende Integration. Fremdenfeindlichkeit sei ein „komplexeres Phänomen als bisher gedacht“, sagt Marc Helbling vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Ressentiments gegen Migranten ließen sich nicht nur auf die Andersartigkeit des kulturell Fremden zurückführen, das legt seine Studie „Why Swiss-Germans dislike Germans“ ( „Warum Schweizer Deutsche nicht mögen“) nahe, für die der 33-jährige Sozialwissenschaftler die Hintergründe der Germanophobie in der Schweiz untersucht hat.


Der Tagesspiegel berichtet.

Dienstag, Februar 09, 2010

Kriegshetze: Strafanzeige gegen "Die Welt"

Normalerweise sind in diesem Blog vor allem innenpolitische Folgen der Islamophobie Thema, also das Erstarken von Fremdenfeindlichkeit und rechtsradikalen Bewegungen. Aber auch außenpolitisch ist diese Ideologie hochvirulent, wie es die aktuelle Debatte um den Iran zeigt. Der Freitag fasst sie prägnant zusammen:

Die Parallelen zum Vorspiel der Irak-Invasion sind unverkennbar. Wie in den Jahren 2002 /203 erzählt man uns, ein diktatorisch geführtes Land in Nahost entwickle im Geheimen Massenvernichtungswaffen, widersetze sich den UN-Sanktionen, verhindere Inspektionen, bedrohe seine Nachbarn und unterstütze den Terrorismus. Wie im Fall des Irak gibt es für all das keine Beweise, auch wenn in den Massenmedien immer wieder aus der Luft gegriffene Gerüchte über geheime Programme kursieren.

(…) In Wahrheit wäre ein solcher Angriff potentiell noch zerstörerischer als der Einfall im Irak. Iran ist fähig, Vergeltungsschläge zu führen. Die iranische Demokratiebewegung käme zum Stillstand. Iran ist ein geteiltes, autoritär regiertes Land, das momentan hart gegen die Opposition vorgeht. Es ist aber keine Diktatur nach Art des Regimes von Saddam Hussein. Anders als der Irak, Israel, die USA oder Großbritannien hat Teheran kein anderes Land angegriffen oder besetzt, dafür aber zwei ihm feindlich gesonnene Atommächte in direkter Nachbarschaft. Und allen hetzerischen Reden Ahmadinedjads zum Trotz sind es Israel und die USA, die sich die Möglichkeit eines Angriffs auf den Iran vorbehalten – nicht anders herum.


In den Reihen der Islamophoben hat sich in den letzten Tagen der neokonservative Publizist Daniel Pipes (mit seinen Beiträgen Dauergast bei seinen Gesinnungsgenossen von der "Achse des Guten") besonders damit hervorgetan, zu einem Angriff auf den Iran zu drängen. Ähnlich wenig politisches Einschätzungsvermögen wie die Broder-Combo zeigte letzte Woche Springers "Welt", indem sie einen Beitrag Pipes veröffentlichte, worin dieser mit absurden Argumenten zu einem militärischen Überfall des Irans drängte (Obama könne damit seine Umfragewerte verbessern und von innenpolitischen Problemen ablenken etc.). Dieser Beitrag erhielt schon im Kommentarbereich heftige Kritik, und zahlreiche Blogs bis hin zum renommierten BILDblog machten auf die darin enthaltenen Ungeheuerlichkeiten aufmerksam. Die Bloggerin Friederike Beck wandte sich inzwischen an den Presserat, einer ihrer Kommentatoren entschied sich sogar zu einer Strafanzeige gegen Springers "Welt", da das deutsche Grundgesetz eine Anstiftung zum Angriffskrieg zumindest formal eindeutig unter Strafe stellt. (Faktisch hat sich auch vor dem Angriff auf den Irak kaum ein Kriegshetzer an diesem Gesetz gestört.)

Mittlerweile hat "Die Welt" den Skandal-Artikel vom Netz genommen. An seiner Stelle findet man nur noch eine leere Seite. In der Frankfurter Allgemeinen kommentiert jetzt Lorenz Jäger diesen Vorgang:

Daniel Pipes hat endlich wahrgemacht, was unlängst in einem Blog gefordert wurde: „Islamkritik muss militant werden.“ Pünktlich zum Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz veröffentlichte Pipes in der Online-Ausgabe der „Welt“ einen Debattenbeitrag, der für eine schnelle und unbürokratische, nun wirklich militante Lösung warb: „Barack Obama sollte den Iran bombardieren.“ (…) Daniel Pipes ist einer der profiliertesten Islamkritiker, zur Solidarität mit dem niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders hat er noch kürzlich aufgerufen.


Von Jäger erfährt man auch, warum "Die Welt" den Artikel vom Netz genommen hat:

Die „explizite Zuspitzung“, so teilte der Verlag gestern auf Anfrage mit, sei „über die vertretbare Form der üblichen Meinungsäußerung“ deutlich hinausgegangen und „redaktionell nicht vertretbar“. Es gibt ja immer noch den Paragraphen 80 des Strafgesetzbuches, der die Vorbereitung eines Angriffskrieges mit einer Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bedroht.


Bemerkenswert ist, dass eine der größten und bekanntesten deutschen Zeitungen nicht bereits vor der Veröffentlichung eines solchen Artikels (und dem Massenprotest der Bloggerszene) sich Gedanken darüber gemacht hat, ob er "redaktionell vertretbar" sein könnte. Offenbar fallen bei einigen Journalisten inzwischen alle Grenzen, solange ein Beitrag nur als "provokant", "politisch unkorrekt" oder "mal was anderes" rüberkommt oder wie immer die Schlagworte zur Rechtfertigung solcher Unsäglichkeiten lauten. Angesichts der grassierenden Zeitungskrise wollen so einige Journalisten anscheinend mit manchen rechtslastigen Websites darin konkurieren, Aufmerksamkeit durch besonders skandalöse Äußerungen auf sich zu ziehen. Das Ergebnis ist unweigerlich ein weiterer moralischer Verfall in unseren Medien – und dass "Die Welt" sich mit diesem Vorfall einen Schritt mehr aus der Reihe der Zeitungen zurückgezogen hat, die man politisch ernst nehmen kann. Nicht jede Form von Aufmerksamkeit ist wirklich ein Gewinn.

(Siehe zur medialen Mobilmachung des Springer-Verlages gegen den Iran auch die BILDblog-Artikel "Ein bisschen angereichert" sowie "Die Irreführung von Teheran".)

Türken bedrohen christliches Völklingen – Saarland steht vor Islamisierung

Jahrhunderte sah es danach aus, als hätten die Türken ihre Pläne zur Besetzung des christlichen Europa aufgegeben. Doch still und heimlich bauten sie Bettenburgen an den Stränden des Mittelmeeres und lockten ahnungslose Europäer in die Türkei, um sie mit hochprozentigem Raki, einem Anisschnaps, hinterhältig ins Koma zu befördern. Kleine Spezialeinheiten dringen immer wieder nach Europa vor und errichten sogenannte Dönerstützpunkte, von denen aus sie Deutschlands Brat- und Bockwürste vom Markt drängen. Der Kulturkampf an der Würtschenfront ist bereits verloren, da sogar die Nazis ihre Deutschtümelei aufgeben und in Scharen zum Döner überlaufen, vorausgesetzt, der Döner besteht aus doitschen Rind- und Geflügelfleisch.


Die saarländische Online-Zeitung berichtet über den aktuellen Stand der islamischen Eroberung Deutschlands.

Montag, Februar 08, 2010

Der Fluch des türkischen Namens: Neue Studie belegt "ethnische Diskriminierung"

Sie sind hoch qualifiziert, sprechen hervorragend deutsch – und trotzdem haben sie schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt: Bewerber mit türkischem Migrationshintergrund werden bei der Einstellung in Deutschland „ethnisch diskriminiert“. Das geht aus einer Studie hervor, die das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) jetzt veröffentlicht hat.


Hier geht es weiter.

Schweiz: Nicht Muslime, sondern Evangelikale behindern Zusammenleben

Wie ihr euch denken könnt, höre ich während der Arbeit und dem Bloggen hauptsächlich Radio Vatikan. Dort gibt es gerade zwei interessante Meldungen.

Nummer Eins: Evangelikale Christen behindern Zusammenleben.

Gerade im Kindergartenbereich würden Erzieherinnen durch evangelikale Eltern immer häufiger unter Druck gesetzt, christliche Bräuche wie Karneval oder Nikolaus aus dem Programm zu streichen, weil diese „biblisch nicht begründbar“ seien.


Aus den Reihen derjenigen, die fundamentalistische Muslime wegen solchen Drucks gerne verteufeln, hört man zu demselben Verhalten, wenn es von Christen begangen wird, kein Sterbenswörtchen an Kritik.

Nummer Zwei: Die vielfach heraufbeschworenen muslimischen Massenproteste gegen das Minarettverbot in der Schweiz bleiben noch immer aus.

Die Muslime hätten die Entscheidung akzeptiert, ohne dass eine „negative Stimmung“ gegen Christen aufgekommen sei. (…) Ähnliches gelte auch für das Kopftuch-Verbot in öffentlichen Einrichtungen und Schulen in Frankreich.


Ansonsten ist der Normalfall, nämlich dass Muslime _nicht_ wüten und toben, in unseren Medien keine Nachricht. Gemeldet wird die außergewöhnliche Begebenheit, die sodann rasch verallgemeinert wird. Über das so entstandene Zerrbild braucht man sich dann nicht mehr zu wundern.

"Mischung aus Selbstgerechtigkeit und Doppelmoral"

Die Kontroverse zwischen Deutschland und der Schweiz geht heiter weiter. So befindet der in Frankfurt am Main lebende Schweizer Journalist Rudolf Walther heute in der "tageszeitung":

Das politische Klima ist so verbiestert, dass sich die Schweizer Linke aus Angst vor dem Vorwurf des Landesverrats nicht traut, das Bankgeheimnis als Beihilfe zum kriminellen Betrug zu bezeichnen. Für das "Liberale Institut" in Zürich, eine Propaganda-Agentur des Schweizertums und des Neoliberalismus, ist das Bankgeheimnis ein "Ausdruck überlegener Moral" und ein Schutz vor "der Unterwerfung des Individuums durch den Steuerstaat". Ein Lautsprecher dieser Propaganda ist Roger Köppel, Besitzer der Weltwoche.

(…) Die Ideologie des "Sonderfalls Schweiz" ist eine Mischung aus national kostümierter Selbstgerechtigkeit, Überheblichkeit und Doppelmoral. Daraus destillieren die rechten Berufsschweizer der Weltwoche eine alpenländische Form von Quasi-Rassismus, der auf der kruden Einbildung helvetischer Besonderheit beruht und mit dem Ressentiments gegen Fremde mobilisiert werden.

(…) Das ordinäre Schweizertum ist dabei, sich zu einer quasi-rassistisch fundierten Überlegenheitsideologie zu radikalisieren. Doch das ist nur ein Rückzugsgefecht. Denn mit dem Bankgeheimnis wankt die Ideologie des Schweizertums.


In der Kommentarspalte unter dem Artikel beginnen die ersten Leser auszuflippen. Dem unbenommen ist der Artikel hilfreich bei der Analyse, inwiefern Fremdenfeindlichkeit gerade einem Zerbröseln der eigenen bisher festgefügt geglaubten Identität zu verschulden ist. Auch hierzulande.

"Islamkritiker" im Zensurwahn

Die Islamophoben mit ihren Blogs, Foren und Websites inszenieren sich gerne als Vorkämpfer der Meinungsfreiheit: Bei ihnen dürfe, anders als in den traditionellen Medien, ungefiltert jeder alles sagen, was ihm gerade auf dem Herzen liege. Das stimmt jedoch nur zum Teil: Alles, was als Teil einer rechtsradikalen Hetzgagd sein kann, darf dort gesagt werden. Wenn Kommentatoren aber mit Belegen darauf aufmerksam machen, dass die redaktionellen Texte wild zusammengelogen sind, wird das selbstverständlich sofort aus der Kommentarspalte gelöscht.

Der Politblogger berichtet.

Streit um Cihad: Parteien geben sich die Hand

Damit wäre das auch erledigt. Nur die üblichen Scharfmacher haben sich anscheinend noch nicht ganz eingekriegt:

Derweil gärte der Cihad-Streit trotz der Versöhnung der daran beteiligten Parteien übers Wochenende munter weiter. Der Fall wird in zahlreichen Internetforen kontrovers diskutiert, inzwischen berichten auch türkische Medien.


Siehe dazu auch: Von "Gesindel" und "Muselschlächtern" sowie Antisemitislamophobie.

"Mutig, aber fast allein"

Man kann ihm für seinen zweiten Versuch, die Unabhängige Jüdische Zeitschrift SEMIT in Deutschland zu etablieren, nur viel Glück, Durchhaltevermögen und möglichst viel Hilfe seiner Freunde wünschen. Tatsächlich ist Abraham Melzers nonkonformistisches Blatt eine dringend notwendige Stimme im deutschen Judentum, das sonst in der Öffentlichkeit nur durch den Zentralrat der Juden in Deutschland repräsentiert wird.


Hier geht es weiter.

Schweiz: Antideutsche Stimmung droht zu eskalieren

Aus deutscher Sicht ist es durchaus aufschlussreich zu beobachten, wie dieselben Mechanismen, mit denen auch hierzulande Fremdenfeindlichkeit entsteht, in der Schweiz gegen Deutsche zum Tragen kommen:

Die antideutschen Ressentiments breiten sich im gesamten politischen Spektrum aus. Der Medienunternehmer Roger Schawinski, ein langjähriger Kämpfer gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, verlangte, die Schweizer sollten mit den Deutschen nicht mehr Hochdeutsch sprechen. „Bei den Jugoslawen sagen wir auch, die Integration geschieht vor allem über die Sprache“, wird Schawinski in einem Beitrag des liberalen Tages-Anzeigers zitiert.

Die Medien attackieren ohnehin seit Jahren die Zuzügler aus dem Norden. Mal fragen Zeitungen voller Sorge: „Kommen ab heute noch mehr Deutsche in die Schweiz?“ Oder: „Wie viele Deutsche verträgt die Schweiz?“ Dann wird seitenweise beschrieben, „wie sich die Germanen in der Kolonie Helvetien ausbreiten“. Und es wird unterstellt, Deutsche gierten „scharenweise“ nach dem Schweizer Pass.

(…) Für die meisten Schweizer ist klar: Die Deutschen verdanken die Erfolge vor allem ihrer Ellbogenmentalität. Die Konkurrenz aus dem Norden gilt als kalt, berechnend und rücksichtslos – Charakterzüge die sich schon in der harten Sprache, dem Hochdeutschen, widerspiegeln.


Der "Tagesspiegel" berichtet.

"Moslemkritik als Türöffner" – 1.200 Euro vom NPD-Bundesvorstand für Antiislamisierungsideen

Das Blog Endstation Rechts berichtet, wie Antisemitismus und Islamophobie weiter Hand in Hand marschieren:

Über Deutschland dürfe „weder der Halbmond noch der Davidstern hängen.“ Künftig solle aber der „Kampf gegen die islamische Überfremdung das Kernthema nationaler Kampagnen sein.“ Das sehen Parteivorstand und Nachwuchsorganisation offenbar nicht anders. Für einen Ideenwettbewerb der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) hat der Parteivorstand 1.200 Euro zur Verfügung gestellt. So ruft der JN-Bundesvorsitzender Michael Schäfer in der DS auf, „witzige“ Ideen zu den Themen Volkstod und Islamisierung einzureichen. Mit den Preisen zwischen 100 und 300 Euro je Thema soll „die örtliche Stützpunkt oder Kameradschaftskasse“ aufgefüllt werden.


Ich sehe, die Preise fallen. Der Börne-Preis, den Broder von Markwort erhalten hat, war noch mit 10.000 Euro beziffert.

Sonntag, Februar 07, 2010

Bürgerrechte bei den Grünen ohne Debatte?

Jens Ferner, der sich mit seinem Blog "Randfigur" als "kritische Stimme der Grünen" versteht, widmet sich in einem aktuellen Eintrag dem bekannten Problem, dass Gleichberechtigung in dieser Partei noch immer arg ideologisch verstanden wird – so dass wie gestern hin und wieder schon mal eine komplette Debatte ausfällt, weil sich keine Frauen dazu zu Wort gemeldet haben. Falls ein Mann zum anstehenden Thema einen Redebeitrag vorbereitet hat, fällt dieser Beitrag eben unter den Tisch. Jens Ferner kommentiert dieses Regularium der Grünen so:

Dabei muss man sich die Ironie auf der Zunge zergehen lassen: Gewählte Delegierte dürfen auf einem grünen Parteitag ausgerechnet zum Thema Bürgerrechte nicht reden, weil sie das “falsche” Geschlecht haben. Das alleine spricht für sich und verletzt mich in meinen Überzeugungen zutiefst. (...) Parteitage, auf denen Debatten wegen Geschlechterfragen zu den wichtigsten Themen unserer Zeit nicht mehr stattfinden können, sind undemokratisch und eine Partei, die das forciert, kann und darf ich nicht unterstützen.


Mit dieser Haltung steht Jens Ferner bei den Grünen jedoch offenbar sehr alleine da. Die meisten anderen grünen Männer finden das herrschende Prozedere allem Anschein nach voll gleichberechtigt und so.

Pikant ist, dass die Grünen zu den Parteien gehören, in denen eine Zwangsquotierung unserer Unternehmen mit beispielsweise 40 Prozent Frauen im Vorstand (nach norwegischem Modell) durchaus befürwortet wird. Was ist, wenn der Vorstand einer Firma aus sagen wir regulär zehn Mitgliedern besteht, aber nur zwei Frauen aufgrund ihrer persönlichen Lebensplanung bereit sind, einen zeitintensiven und hochstressigen Vorstandposten zu besetzen? Legt man das Modell der innerparteilichen Debatten bei den Grünen als "Lösungsweg" an, würde das bedeuten, dass der Firmenvorstand dann eben halbiert werden muss, so dass dort jetzt eben statt zehn Leuten nur noch drei Männer und zwei Frauen das Unternehmen leiten und so die 40-Prozent-Quote gewährleistet ist. Willkommen in Absurdistan.

Man muss im Gesamtzusammenhang meines Blogs hier leider auch anmerken, dass die politische Rechte hierzulande nicht so stark geworden wäre, wenn die politische Linke bei einigen wesentlichen Fragen noch alle Tassen im Schrank gehabt hätte.

Zum selben Thema findet man in Ferners Blog den ebenfalls lesenswerten Beitrag Warum Inhalte – wir haben doch Frauen. Dort stellt Ferner einige berechtigte Fragen:

Warum sind 60% Frauen auf einer Liste, ohne jeglichen inhaltlichen Bezug, besser als 60% Männer, 60% “Menschen unter 30″ oder 60% “Menschen mit junger Familie”? Ist es wirklich zeitgemäß, in einer Zeit, in der sexuelle Identität und sexuelle Ausrichtung endlich offen thematisiert werden, immer noch blind nach Geschlechtern zu separieren?


Insgesamt gelangt der Rechtsanwalt Ferner zu folgendem treffenden Urteil:

Die Politik der Gleichberechtigung ist (...) bei den Grünen längst eine selbstlaufende Geschlechter-Politik, die sexuelle Identitäten und modernes Denken in den Köpfen vieler junger Männer schlicht verhöhnt. Wer sich Demokratie auf die Fahnen schreibt und zugleich stolz ist, dass nur auf Grund des Geschlechts Menschen Rechte verwehrt werden (etwa wie bei den Grünen Männern kategorisch der erste und jeder weitere ungerade Listenplatz) der verkennt nicht nur die Demokratie an sich, der hat längst den Boden unseres Grundgesetzes verlassen.

Samstag, Februar 06, 2010

"Die Zeit": Feindselige Islamkritik nicht Aufklärung, sondern deren Ende

Vor ein paar Jahren sprach man noch davon, dass die Grenzen zwischen rechts und links zunehmend verschwimmen. Beim Thema Islamophobie/Islamkritik stechen sie wieder scharf hervor. Insbesondere Zeitungen und Zeitschriften positionieren sich in dieser Debatte immer mehr in politisch kontrovers zueinander stehenden Lagern. Klar benannt werden die fremdenfeindlichen Aspekte bestimmter "islamkritischer" Fraktionen beispielsweise in der taz, dem Freitag, der Zeit, der Frankfurter Rundschau und der Süddeutschen Zeitung. Fast komplett ausgeblendet werden diese Aspekte (solange die "Islamkritiker" nur halbwegs prominent und nicht offen rechtsradikal sind) meiner Beobachtung nach etwa im Spiegel, im Focus, im Cicero, der Frankfurter Allgemeinen, der Welt, natürlich der Bild, der Weltwoche, der Jungen Freiheit und noch weiter rechts stehenden Medien sowie in diversen Webblogs, zwischen denen es mitunter Verknüpfungen gibt (Politically Incorrect, Achse des Guten, Perlentaucher etc.). Ob die fremdenfeindlichen Untertöne so mancher "Islamkritik" von den seriösen Medien naiv oder berechnend ignoriert werden, bietet jeweils einigen Raum für Spekulationen. Eindeutig ist nur, dass die wehleidig klagende Selbstinszenierung der "Islamkritiker", sie seien eine unterdrückte und tabuisierte Minderheit, die nirgends ein Podium erhalte und nicht offen sprechen dürfe, komplett absurd ist.

Auf einem recht hohen Niveau setzt sich in der aktuellen "Zeit" Thomas Assheuer mit den Untiefen der Islamkritik auseinander. Ein Auszug aus dem Artikel:

Es ist nicht klar, ob die heutigen Islamkritiker, die tagtäglich die träge Masse feiger »Kapitulanten« vor dem islamischen Feind warnen, an der Errungenschaft der Aufklärung, an der Religionsfreiheit festhalten oder diese auf der Abraumhalde liberaler Irrtümer entsorgen wollen. Wer wie Henryk Broder Muslimen nur so viel Toleranz gewähren will, wie sie Juden und Christen in islamischen Ländern gewährt wird, der bestreitet das gleiche Recht auf Religionsausübung und nährt – tit for tat – den Geist der Revanche.


In derselben Ausgabe mahnt Jens Jessen an:

Gerade der offene Austausch solcher Befürchtungen ist der beste Beweis für die unangefochtene Praxis westlicher Meinungsfreiheit. Allerdings sollte die Debatte von Unterstellungen frei bleiben; keiner, der die Konstruktion eines islamischen Feindbildes fürchtet, hat jemals Sympathie für Gewalttäter geäußert oder gar die Bereitschaft zur vorauseilenden Unterwerfung unter die Scharia zu erkennen gegeben. Vielleicht empfiehlt es sich, die Internetseite »Achse des Guten«, die besonders großzügig mit solchen Unterstellungen arbeitet, aus der Debatte herauszuhalten. Sie hat sich eher als Achse des Bösen gezeigt. Sie ist nicht an Aufklärung interessiert, sondern will den Westen in eine dem Islamismus analoge Hassposition emporpeitschen. Indes: Die Barbarei mit den Mitteln der Barbarei zu bekämpfen ist keine Option für den Westen. Sie würde seinen Anspruch auf menschenfreundliche Überlegenheit ruinieren.

Fall "Cihad": Zahnärztin bittet um Entschuldigung

Wie die "Stuttgarter Nachrichten" melden, bewegt sich die Kontroverse um den Fall "Cihad" auf eine Deeskalation zu. Die Zahnärztin bittet glaubhaft um Verzeihung (aufgrund mangelnder Information und Emotionen habe sie eine Fehlentscheidung getroffen), die Familie des Jungen ist statt an einer weiteren Zuspitzung des Konflikts an einem klärenden Gespräch interessiert. Von Sprechern der Krankenkassen und der Ärzteschaft liegen unterschiedliche Einschätzungen vor, wie problematisch dieser Fall mit Blick auf juristische Folgen zu bewerten sei; von ihnen allen wird aber angekündigt, dass mit der Zahnärztin wohl intensive Gespräche zu führen seien.

Die einzigen, die versuchen, Öl ins Feuer zu schütten, sind mal wieder unsere Journalisten, die auf eine heiße Story setzen. Viele von ihnen prophezeiten der Ärztin, dass sie nun mit Morddrohungen fanatischer Islamisten zu rechnen habe; gleichzeitig wird die Familie des Jungen fast im Minutentakt antelefoniert und die beiden ersten Fernsehübertragungswagen waren auch schon da.

Hier findet man den von mir zusammengefassten Artikel im Original.

Freitag, Februar 05, 2010

Die unglaubliche Geschichte der Neda Soltani

Ich war mal der Ansicht, dass das freie Internet den Gleichtakt der alten Medien und eine erbärmliche Recherchefaulheit vieler Journalisten überwinden könnte. War wohl ein Irrtum. Es setzen sich nur neue Halbwahrheiten, als Wahrheit verkaufte Mutmaßungen und falsch Verstandenes durch. Der aktuellste Fall dreht sich um die angeblich im Iran erschossene Neda Soltani:

Die Geschichte ist nicht nur die Geschichte des Versagens der traditionellen Redaktionen in hektischen Nachrichtenzeiten. Diese Geschichte beschreibt auch das Versagen der sozialen Medien. Die Masse hat im Netz nicht nur die Macht, Lügen zu entlarven. Die Masse kann auch eigene Wahrheiten erschaffen und verteidigen. Egal wie falsch die sind. Nur sehr wenige Blogs berichteten über den Fehler. Keiner wurde so ernst genommen, dass er die Macht gehabt hätte, den Irrtum zu korrigieren.


Die Ruhrbarone berichten.

via

Cihad mit Zahnspange – Benz sieht sich bestätigt

Der Berliner Antisemitismusforscher Wolfgang Benz hat sich "zutiefst erschreckt" über den Fall einer Ärztin aus Baden-Württemberg gezeigt, die einen Jugendlichen nicht behandelt hatte, weil er mit Vornamen Cihad heißt. "Das ist ein Beweis dafür, dass die Hetze gegen Muslime in unserem Lande Früchte trägt", sagte Benz am Freitag der Frankfurter Rundschau.


Hier geht es weiter.

Der Rheinische Merkur erklärt zum Hintergrund des Falles:

Der Junge ist in der Donau-Stadt am Rande des Schwarzwaldes geboren, und bis jetzt hat anscheinend niemand Anstoß an dem Namen genommen. “Es gab nie Probleme deshalb“, sagte sein Vater am Freitag der Deutschen Presse-Agentur dpa. Auch das Standesamt der 22 000- Einwohner-Stadt hatte keine Bedenken, als die Eltern den Namen ihres Sohnes nach der Geburt meldeten. “In der Türkei ist das ein gängiger Name“, meinte ein Sprecher. In der Stadtverwaltung kann man nicht nachvollziehen, warum die Ärztin so handelte. Auch bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg schüttelt man den Kopf: “Der Name oder die Religion ist kein Grund, jemanden nicht zu behandeln“, sagte Vorstandschefin Ute Maier: “Politik hat im Wartezimmer keinen Platz.“

Titanic: "Islamkritik im Aufwind"

LOL

Ärztin weist Jungen mit Namen Cihad ab

Eine Ärztin in Donaueschingen (Baden-Württemberg) hat einem Jungen die Behandlung verweigert, weil er mit Vornamen Cihad heißt. Der Name bedeute "Heiliger Krieg", dies empfinde sie als Kriegserklärung an alle Nicht-Islamisten.


Die "Frankfurter Rundschau" berichtet.

Wenn die gegenwärtige Stimmungsmache so weitergeht, bin ich mal gespannt, wann die ersten Ärzte die Behandlung von Muslimen grundsätzlich ablehnen. Vermutlich würden viele Journalisten diese Entwicklung als "Triumph für die Entscheidungsfreiheit von Ärzten" feiern, die "mutig gegen den Strom schwimmen". Und überhaupt gibt es ja gar keine Islamophobie, sondern lediglich Islamkritik.

Bajonett an der Saar

NPD und Saarbrücker Zeitung in einer Front? Die Lokalzeitung jedenfalls wird inzwischen mit Leserbriefen überhäuft, von denen viele wegen der darin enthaltenen Hetze gegen türkische Bürger speziell und Menschen islamischen Glaubens generell erst gar nicht veröffentlicht werden. Doch auch die von dem Blatt online publizierten Leserkommentare unterscheiden sich kaum noch von denen der "Kameraden" auf der Website der NPD Saar. Und längst geht es nicht mehr um das eigentliche Thema, den Minarettbau in Völklingen, sondern um Ressentiments gegen Türken, Muslime oder Einwanderer überhaupt.


Die "taz" berichtet, wie es den Rechtsextremen auch im Saarland gelingt, an der herrschenden "Islamkritik" anzudocken.

Donnerstag, Februar 04, 2010

Schweiz: Immer Ärger mit den Deutschen

Der neue Streit um Deutsche, die ihr Geld im Nachbarland verstecken, bringt die Schweizer auf. Das freut dort vor allem die Rechtspopulisten, die nach den Minaretten nun am liebsten die Deutschen verbieten wollen.


Die Zeit berichtet. Ein weiterer Auszug aus dem Artikel:

Fünf Anzeigen gingen gerade bei der Zürcher Polizei ein, wegen Drohbriefen, die gegen Deutsche gerichtet sind. „Die Kugel für Sie steht schon bereit, du elende Deutsche“, heißt es etwa in einem Brief an eine Frau, die seit 30 Jahren in der Schweiz lebt. Auf den Straßen Zürichs wurden Autos mit deutschen Nummernschildern beschädigt. Und immer wieder hört man von Deutschen, die in der Straßenbahn nicht mehr den Mund aufmachen, weil sie Angst haben, als Deutsche erkannt zu werden.

(…) Mörgeli würde es mit den Deutschen am liebsten wie mit den Minaretten halten: Sie sollten nicht in der Schweiz sein. Das Freizügigkeitsabkommen mit der EU, das die Schweiz 2004 unterzeichnet hat, soll rückgängig gemacht werden, der Zuzug der Deutschen gestoppt werden. Mörgeli kommt gut an damit, vor allem im bürgerlichen Mittelstand, der die gut ausgebildeten Deutschen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt fürchtet. Die Türken, sagt Mörgeli, die blieben ja wenigstens unter sich. Aber die Deutschen, die treffe man überall, auf den Spielplätzen, in den Restaurants oder im Golfclub.


Manchmal würde es mich freuen, wenn ich mit meinen Vorhersagen ("Die Muslime sind erst der Anfang") nicht so häufig Recht behalten würde.

"Unter Hasspredigern"

In der "tageszeitung" erklärt Daniel Bax, warum die Propaganda von Necla Kelek, Henryk Broder, Thierry Chervel, Udo Ulfkotte und wie sie alle heißen eben keine aufgeklärte Islamkritik darstellt, sondern in der Tat deutliche Parallelen zum Antisemitismus aufweist, und was für eine sinnvollere Diskussion über den Islam nötig wäre. Der Artikel enthält zu viele gute Passagen, als dass ich einzelne Auszüge daraus zitieren könnte: Er ist in Gänze lesenswert.

Man kann natürlich getrost davon ausgehen, dass die von Bax und anderen benannten Aspekte in rechten Beiträgen zu diesem Thema weiter ignoriert werden und die Betreffenden weiter so tun werden, als wollten die Rechte eine fundierte Islamkritik und die Linke diese Kritik tabuisieren. Mittlerweile muss man sich allerdings fragen, wie stark diese Rhetorik auf reiner Debilität und wie stark inzwischen auf böswilligem Kalkül beruht.