Sonntag, Oktober 31, 2010

Vom Leid der türkischen Männer

Dr. Alexander Ulfig stellt heute in der Freien Welt Isabella Kroths Buch "Halbmondwahrheiten" vor:

Sie werden als Gewalttäter, Machos, Paschas oder Patriarchen bezeichnet, als Menschen, die lernunfähig sind, an ihren traditionellen Vorstellungen haften und sich in Deutschland nicht intergrieren möchten. In der gegenwärtigen Integrationsdebatte werden sie als die Hauptverantwortlichen für die Integrationsprobleme betrachtet. Die Rede ist von den in Deutschland lebenden türkischen Männern.

Dass auch diese Männer Produkte und Opfer der gesellschaftlichen Verhältnisse sind, wird in dem feministischen dominierten Diskurs unserer Zeit kaum erwähnt. Denn für den Feminismus gilt: Frauen sind Produkte und Opfer der Gesellschaft. Männer und sogar Jungen werden in der Regel nicht als Produkte und Opfer der Gesellschaft angesehen, was Erkenntnissen aus der Psychologie und der Soziologie widerspricht. Sie haben ihre Probleme selbst verschuldet, heißt es oft (Männer zum Beispiel ihre gesundheitlichen, Jungen ihre schulischen Probleme).

Hinter dieser einseitigen Betrachtungsweise steckt ein politisches Kalkül: Da Frauen Produkte und Opfer der Gesellschaft sind, sollen nur sie in den Genuß der Gleichstellungspolitik kommen. Hilfs- und Förderprogramme sollen nur ihnen vorbehalten sein. Würde man die Realität sehen und auch Männer als Produkte und Opfer der Gesellschaft betrachten, müssten die Gleichstellungsmittel anders verteilt werden: Ein Großteil der Gleichstellungsmittel müsste auch Männern und Jungen zugute kommen. Das ist aber politisch nicht gewollt.

Die Journalistin Isabella Kroth zeigt in ihrem Buch „Halbmondwahrheiten“ die soziale Determiniertheit und die sich daraus ergebende schwierige Situation der in Deutschland lebenden türkischen Männer. Von der Hilfsorganisation „Terre des Femmes“ (einer Organisation, die sich weltweit gegen die Diskriminierung von Frauen einsetzt) erfuhr sie, dass immer wieder Männer Hilfe suchen, jedoch abgewiesen werden müssen, da es keine Mittel gibt, um ihnen zu helfen. Von der Mitarbeiterin eines Frauenhauses erfuhr sie ferner, dass der türkische Psychologe Kazim Erdogan einer der wenigen ist, der auch Männern Hilfe anbietet. Er leitet in Berliner Bezirk Neukölln jeden Montagabend eine Selbsthilfegruppe für türkische Männer.


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