Sonntag, Oktober 31, 2010

Vom Leid der türkischen Männer

Dr. Alexander Ulfig stellt heute in der Freien Welt Isabella Kroths Buch "Halbmondwahrheiten" vor:

Sie werden als Gewalttäter, Machos, Paschas oder Patriarchen bezeichnet, als Menschen, die lernunfähig sind, an ihren traditionellen Vorstellungen haften und sich in Deutschland nicht intergrieren möchten. In der gegenwärtigen Integrationsdebatte werden sie als die Hauptverantwortlichen für die Integrationsprobleme betrachtet. Die Rede ist von den in Deutschland lebenden türkischen Männern.

Dass auch diese Männer Produkte und Opfer der gesellschaftlichen Verhältnisse sind, wird in dem feministischen dominierten Diskurs unserer Zeit kaum erwähnt. Denn für den Feminismus gilt: Frauen sind Produkte und Opfer der Gesellschaft. Männer und sogar Jungen werden in der Regel nicht als Produkte und Opfer der Gesellschaft angesehen, was Erkenntnissen aus der Psychologie und der Soziologie widerspricht. Sie haben ihre Probleme selbst verschuldet, heißt es oft (Männer zum Beispiel ihre gesundheitlichen, Jungen ihre schulischen Probleme).

Hinter dieser einseitigen Betrachtungsweise steckt ein politisches Kalkül: Da Frauen Produkte und Opfer der Gesellschaft sind, sollen nur sie in den Genuß der Gleichstellungspolitik kommen. Hilfs- und Förderprogramme sollen nur ihnen vorbehalten sein. Würde man die Realität sehen und auch Männer als Produkte und Opfer der Gesellschaft betrachten, müssten die Gleichstellungsmittel anders verteilt werden: Ein Großteil der Gleichstellungsmittel müsste auch Männern und Jungen zugute kommen. Das ist aber politisch nicht gewollt.

Die Journalistin Isabella Kroth zeigt in ihrem Buch „Halbmondwahrheiten“ die soziale Determiniertheit und die sich daraus ergebende schwierige Situation der in Deutschland lebenden türkischen Männer. Von der Hilfsorganisation „Terre des Femmes“ (einer Organisation, die sich weltweit gegen die Diskriminierung von Frauen einsetzt) erfuhr sie, dass immer wieder Männer Hilfe suchen, jedoch abgewiesen werden müssen, da es keine Mittel gibt, um ihnen zu helfen. Von der Mitarbeiterin eines Frauenhauses erfuhr sie ferner, dass der türkische Psychologe Kazim Erdogan einer der wenigen ist, der auch Männern Hilfe anbietet. Er leitet in Berliner Bezirk Neukölln jeden Montagabend eine Selbsthilfegruppe für türkische Männer.


Hier geht es weiter.

Samstag, Oktober 30, 2010

Uganda: Lage für Homosexuelle bleibt lebensgefährlich

Um ein früheres Thema dieses Blogs noch einmal aufzugreifen:

Die Jagd auf Homosexuelle in Uganda geht weiter. Wie der Nachrichtensender CNN berichtet, könnte ein umstrittenes Gesetz, das Homosexualität sogar mit dem Tod bestraft, bald beschlossen werden. Diese Hoffnung hat zumindest der Parlamentsabgeordnete David Bahati, der den Gesetzesentwurf eingebracht hat: "Wir sind sehr zuversichtlich, weil es sich um ein Gesetz handelt, das in diesem Land gebraucht wird, um hier in Afrika die traditionelle Familie zu schützen, und auch die Zukunft unserer Kinder", sagte er dem Nachrichtensender.


Hier geht es weiter. Auch Queer.de berichtet.

Freitag, Oktober 29, 2010

Professor Hollstein kommentiert erstes internationales Antifeminismustreffen

Und zwar für MDR Figaro.

"Männer sind keine Gesundheitsidioten"

"Endlich: Der Männergesundheitsbericht ist da" freut sich Florian Rötzer heute auf Telepolis. In den ersten Absätzen heißt es:

Fast 10 Jahre nach dem Frauengesundheitsbericht kann nun auch das vernachlässigte Geschlecht lesen, wie und warum es von "Wissenschaft, Politik und Krankenkassen" oder vielleicht gar von den Frauen diskriminiert wurde. (...) Nachdem schon 2001 ein Bericht zur gesundheitlichen Situation der Frauen in Deutschland erschienen ist, kommen nun, 10 Jahre später, die Männer in den Genuss, über ihre körperliche und psychische Befindlichkeit aufgeklärt zu werden.


In der Tat ist das Fehlen einer solchen staatlichen Studie für Männer analog zum Frauengesundheitsbericht seit langem ein zentrales Anliegen der Männerrechtsbewegung. Es bedurfte der privaten Initiative von Dr. Matthias Stiehler von der deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit und seinen Mitstreitern, eine solche Untersuchung durchzuführen. Mehrere Medien bis hin zur "Tagesschau" griffen diesen Report inzwischen auf; in vielen Zeitungen ist er heute sogar das Titelthema auf Seite 1. Häufig ist in den Artikeln und Kommentaren allerdings noch immer die bekannte Sichtweise zu finden, der zufolge Frauen vernachlässigt werden, wenn es um ihre Belange geht, Männer aber selbst an ihrer Situation schuld sind.

"Familienministerin will Männer vor sich selbst retten" lautet so auch eine typische Schlagzeile der "Welt" mit der gewohnten Botschaft: Edle Frau, dumme Männer. Wer aber seine Würgereize beim Lesen solcher Schlagzeilen mannhaft unterdrückt, stößt auf einen durchaus brauchbaren Artikel. Ein Auszug:

Der insgesamt schlechte Zustand der männlichen Gesundheit ist aber nicht allein die Schuld der Männer. Therapie- und Vorsorgeangebote müssten stärker auf Männern ausgerichtet sein. Sie gingen viel zu oft an ihren Bedürfnissen vorbei und so verdrängten Männer ihre körperlichen und seelischen Beschwerden, lautet die Quintessenz der Gesundheitsforscher. Die Folge: Sie suchen sich keine Hilfe.

Die Studie zeige, „dass Männer nicht die Gesundheitsidioten sind, als die sie immer dargestellt werden. Es ist vielmehr die gesellschaftliche Sicht auf Männer, die sich ändern muss, und daran müssen die Männer natürlich selbst mitarbeiten“, sagt Matthias Stiehler von der Gesellschaft für Mann und Gesundheit und Mitherausgeber des Gesundheitsberichts. Er fordert: „Männer, nehmt Eure Krisen ernst – die körperlichen, wie die seelischen.“


Viele Aspekte, die jetzt endlich klar benannt werden (bei Männern häufig übersehene Depressionen, das wesentlich größere Unfalls- und Verletzungsrisiko in Männerberufen usw.) hatte ich bereits 2001 ausführlich in meinem Buch "Sind Frauen bessere Menschen?" behandelt – ein Buch, für das ich zwar von vielen Feministinnen mit größter Schärfe angefeindet wurde, das damals aber leider zu keinem großen Umdenken in Politik und Medien führte. Nur einige Absätze aus einem längeren Kapitel (Quellenangaben im Buch):

(...) Insofern überrascht es nicht, wenn deutsche Mediziner auf die Notwendigkeit eines "Männerarztes" hinweisen, analog zum Frauenarzt, der die Angehörigen des weiblichen Geschlechts von der Jugend bis ins Alter regelmäßig betreut, untersucht und behandelt. Eine solche Institution fordern auch die Wiener Hormonforscher Meryn und Metka: "Der Mann ist bisher bei allen Überlegungen, die das Alterwerden, die Verlängerung der Lebensspanne und die Verbesserung der Lebensqualität betrifft, von der Medizin nachlässig behandelt worden. Der medizinische Fokus war vielmehr auf das weibliche Geschlecht konzentriert."

Diese Schieflage wurde bis heute nicht einmal wahrgenommen. Auch als der Mediziner Hans-Udo Eickenberg darauf hinwies, dass "der Wissensstand über den männlichen Körper im Vergleich zur Frauenforschung um rund dreißig Jahre" zurückliege, war das der Presse kaum einige Zeilen wert. Generell hat man es hier offensichtlich mit der althergebrachten Einstellung zu tun, dass Männer gefälligst lernen sollen zu leiden, ohne zu klagen. Dadurch, dass sie ihre Probleme herunterschlucken, entstehen aber gerade die in diesem Kapitel größtenteils angesprochenen Leiden wie Depressionen, Krebs, Herzkrankheiten, Süchte und eine Neigung zum Selbstmord - die wiederum immer noch nicht als typische Männerkrankheiten in unserem Bewusstsein verankert sind.

"Wir brauchen dringend eine Männerbewegung", urteilt daher der Bielefelder Soziologe Klaus Hurrelmann, der sich speziell mit dem frühen Sterbealter von Männern auseinander gesetzt hat. Wenn Frauen aufgrund gesundheitlicher Probleme, die vermeidbar und letztlich gesellschaftlich bedingt sind, sieben Jahre früher sterben würden, gäbe es einen Aufschrei in der Medienlandschaft, der jedes andere Thema auf die hinteren Plätze verweisen würde. Sind Männer in dieser Position, sieht es anders aus: Im August 2000 beschlossen die Regierungsparteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, eine speziell auf Frauen eingerichtete Gesundheitsvorsorge weiter zu fördern.


Danach wurde die desaströse Gesundheitssituation für Männer noch einmal knapp zehn Jahre stur ignoriert. (Was vielleicht daran lag, dass weder das Gesundheits- noch das Familienministerium männlich dominiert waren.)

Dr. Matthias Stiehlers grandioses Buch "Der Männerversteher" habe ich hier für Amazon besprochen. Hier wendet sich Dr. Stiehler in einem offenen Brief an den feministischen Ideologen Thomas Gesterkamp, der dieses Jahr versuchte, die Männerrechtsbewegung in die rechtsradikale Ecke zu schieben. Und hier landete ein Artikel Stiehlers, den sich die Berliner "taz" zu veröffentlichen weigerte.

Der Männergesundheitsbericht kostet jeden Interessierten 30 Euro. Den Frauengesundheitsbericht kann man sich selbstverständlich kostenlos im Interet herunterladen.

Donnerstag, Oktober 28, 2010

Die "Klimalüge" – pseudowissenschaftliche Schwindler entlarvt

Die Frankfurter Allgemeine stellt heute ein Buch vor, das ich schon vor einigen Monaten mit großem Interesse gelesen habe – Naomi Oreskes und Eric M. Conways "The Merchants of Doubt" ("Die Händler des Zweifels"). Oreskes und Conway decken darin auf, dass dieselben Leute, die heute von der "Klimalüge" schwadronieren und damit tausende mal leichtgläubige, mal stark ideologisierte Blogger in ihren Bann ziehen, exakt dieselben sind, die sich für viel Geld schon seit Jahrzehnten von der Großindustrie anheuern lassen: unter anderem dafür, massiven Zweifel daran zu schüren, dass Zigaretten wirklich Krebs verursachen, dass es wirklich ein Ozonloch gibt und dergleichen mehr. Ein Großteil der Bevölkerung geht ihnen dabei regelmäßig bereitwillig auf den Leim. Wäre ja auch zu schön, wenn es all diese Probleme in Wahrheit gar nicht gäbe und man sich keine Gedanken zu machen bräuchte, sondern ungehindert so weitermachen könnte wie bisher.

Die "Frankfurter Allgemeine" bringt es auf den Punkt:

Naomi Oreskes und Erik Conway sind in ihrem hervorragend dokumentierten und fesselnd geschriebenen Buch erfrischend deutlich: Die Macht der Belege für den Klimawandel ist dermaßen überwältigend, dass unter ernstzunehmenden Klimawissenschaftlern keine Debatte mehr geführt wird, sondern ein außergewöhnlicher Konsens herrscht. Skandale und Diskussionen werden von den Leugnern des Klimawandels künstlich inszeniert, wobei fast alle Mittel recht sind. Die meist großzügig finanzierten Leugner manipulieren, drohen und schüchtern ein. (...) Unterstützt von konservativen Stiftungen, die wiederum Gelder von der Tabak- oder Energieindustrie erhalten, und mit publizistischer Schützenhilfe von PR-Agenturen und Zeitungen wie dem „Wall Street Journal“ werden Diffamierungen und Fehlinformationen im öffentlichen Diskurs plaziert. Wenn wissenschaftliche Befunde sich nicht wirkungsvoll in Zweifel ziehen lassen, werden Wissenschaftler auch persönlich angegriffen.


Ich kann die Lektüre des vollständigen Artikels nur mit Nachdruck empfehlen. Dabei ist mir natürlich klar, dass diejenigen, die ergeben Blogs wie "Die Achse des Guten" und "Politically Incorrect" folgen – wo der geschilderte persönliche Angriff auf seriöse Wissenschaftler zum Standardprogramm gehört – sich genausowenig von ihrem festen Glauben an die "Klimalüge" abbringen lassen wie von ihrem Glauben an die natürliche Minderwertigkeit von Muslimen. Es gibt wohl etliche Leute, die sich zuerst für ein bestimmtes Weltbild entscheiden, das ihnen gerade besonders zupass kommt, dann vor allem rhetorisch geschickt aufbereiteten Mumpitz lesen, der dieses Weltbild scheinbar bestätigt, und auf jede Form von Aufklärung lediglich mit starker Aggression reagieren. Den politischen Schaden, der dadurch entsteht, dass sich diese Leute dermaßen gerne verarschen lassen, haben wir alle zu tragen – den Profit fahren die Auftraggeber der bezahlten Scharlatane ein. Insofern ist ihre Strategie leider nur allzu erfolgreich. Wer sich aber für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem Thema interessiert, ist mit Oreskes und Conway an der richtigen Adresse.

Weitere – allerdings englischsprachige – Besprechungen von "Merchants of Doubt" findet man beispielsweise in der Huffington Post und auf Daily Kos.

"Alice Schwarzer schreibt Buch über ihren Ex-Tanzpartner Jörg Kachelmann"

Der Tagesanzeiger berichtet.

Weltweites PR-Desaster für Angela Merkel

In zehn Tagen einmal rund um die Erde. Angela Merkels Bemerkung vor dem Deutschlandtag der Jungen Union Mitte Oktober, dass "Multikulti gescheitert" sei, machte Weltkarriere. Erst stand es nur in der BILD-Zeitung, dann plötzlich in der New York Times und dann im Miami Herald. Je provinzieller das Blatt, desto gröber die Interpretation. Natürlich fiel unter den Tisch, dass Merkel auch gesagt hatte, der Islam gehöre zu Deutschland. Stattdessen gibt es einen Ausflug in die Geschichte, Parallelen zum Dritten Reich und was sonst so an Assoziationen den Lokalredakteuren in Florida in den Sinn kam.

Doch in Florida war die Geschichte nicht zu Ende. Denn die amerikanische Presse liest die ganze Welt – zumindest jener Teil, der Englisch kann. So entsetzten sich Vatan in Istanbul, Gulf News in den Vereinigten Arabischen Emiraten, India Times, China Daily und viele andere. Sie waren sich einig, dass Merkel von vorgestern sei, dass sie das 21. Jahrhundert mit seinen Arbeitsmigranten, Flüchtlingen, Aus- und Zuwanderern, die globalen Städte von London bis Dubai, kurz: die moderne Welt, nicht verstehe. Das ist natürlich ein ungerechtes Urteil und dennoch geschieht es der Kanzlerin irgendwie recht.


Hier geht es weiter.

"Rechtsextremismus-Studie" der Friedrich-Ebert-Stiftung immer schärfer in der Kritik

Mein eigener Eindruck, es handele sich bei den Veröffentlichungen der Friedrich-Ebert-Stiftung mehr um nach Aufmerksamkeit heischende Panikmache als um seriöse Wissenschaft, findet zunehmend Bestätigung:

Die Studie über rechtsextremistisches Gedankengut der Deutschen ist bereits zum fünften Mal seit 2002 durchgeführt worden, und jedes mal stieß sie in der Fachwelt auf teilweise vernichtende Kritik. Viola Neu hat im vergangenen Jahr für die christdemokratische Konrad-Adenauer-Stiftung eine Untersuchung zu Rechts- und Linksextremismus in Deutschland vorgelegt, und sie sieht das Ergebnis der Friedrich-Ebert-Studie nicht einmal durch deren eigene Zahlen gedeckt: "Es gibt mal ein kleines Auf, ein kleines Ab, allerdings nichts, wo man einen klaren Trend in Richtung Zunahme oder Abnahme von Extremismus ersehen könnte."


Die Deutsche Welle berichtet.

Mittwoch, Oktober 27, 2010

Kopftuchträgerin trifft Matussek

Hier erzählt sie ihre Geschichte.

(Ich weiß, dieses Blog mutiert immer mehr zur Linkabwurfstelle. Mehr ist derzeit einfach nicht drin.)

EU-Studie: Kein Zusammenhang zwischen Jugendgewalt und Islam

Nicht der Islam, sondern Diskriminierungserfahrungen führen bei Jugendlichen zu einer höheren Gewaltbereitschaft. Hier erfährt man Näheres.

Merkel weist Lob von Hetzer Wilders schroff zurück

"Wenn selbst die Bundeskanzlerin sagt, dass die multikulturelle Gesellschaft vollkommen gescheitert ist, dann will das etwas heißen", sagte Wilders bei einer Parlamentsdebatte über das Programm der von seiner Partei gestützten Minderheitsregierung aus Rechtsliberalen und Christdemokraten. (...) Entsprechend schnell folgte Merkels Reaktion auf die Aussagen des blond toupierten Holländers. Umgehend ließ die Kanzlerin über Regierungssprecher Steffen Seibert erklären, sie habe sich nicht "islamkritisch" geäußert. Seibert sagte wörtlich: "Das ist nicht wahr. Man wird die Kanzlerin nicht als Islamkritikerin interpretieren können, weil sie natürlich vor einer wichtigen Weltreligion Respekt hat." Merkel kritisiere keine Religion, sondern konkretes Fehlverhalten Einzelner.


Verschiedene Medien, unter anderem die Süddeutsche Zeitung und der FOCUS berichten.

Seligmann: Heuchler instrumentalisieren aus Moslemangst jüdische Tradition

Beim Deutschlandradio erfährt man mehr.

Polizeipräsident: Aktuelle Integrationsdebatte ist "dumm und beschämend"

Die Islamophoben mögen sich vorgeblich für Recht und Ordnung aussprechen - mit den tatsächlichen Hütern des Gesetzes befinden sie sich klar im Konflikt:

Polizeipräsident Dieter Glietsch hat sich mit scharfen Worten in die Integrationsdebatte eingemischt. "Es wird in einer Weise über Integration und Migration gestritten, die an ,Ausländer raus!'-Kampagnen vergangener Jahre erinnert", sagte er zum Auftakt einer Fachtagung zum Thema "Polizeiliche Netzwerkarbeit mit Migranten", zu der 400 Experten und Wissenschaftler aus ganz Deutschland nach Neukölln gekommen sind.

"Wir befinden uns mitten in einer beschämenden Diskussion, in der uns der Eindruck vermittelt wird, das deutsche Volk werde durch Millionen von integrationsunwilligen und -unfähigen kinderreichen, kriminellen oder gar terrorverdächtigen Transferleistungsempfängern muslimischen Glaubens in seiner Existenz gefährdet", führte Glietsch aus. Die Diskussion sei "schrill", von Vorurteilen und Dummheit geprägt. Er fand es "erstaunlich", dass die Mehrheit der Bevölkerung Bundespräsident Christian Wulff Verrat vorwerfe angesichts des "ebenso schlichten wie wahren Satzes", dass der Islam zu Deutschland gehöre.


Ts. Dass ich auf meine alten Tage noch mal mit einem Polizeipräsidenten übereinstimme ...

Hier geht es weiter.

Montag, Oktober 25, 2010

SED-Forscher: Wie die Friedrich-Ebert-Stiftung (mal wieder) mit einer unseriösen Studie Menschen diffamiert

Klaus Schröder, Leiter des Forschungsverbundes SED-Staat an der TU Berlin, hat sich die aktuelle Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung genauer angesehen als viele Journalisten. Dadurch gelangt er zu dem Urteil:

Die Rechtsextremismus-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung ist nicht seriös, sondern eine offen ausgesprochene linke Kampfschrift gegen liberale und konservative Auffassungen und die hiesige Gesellschaftsordnung.


Hier erklärt Schröder eingehend, worauf er sein Urteil gründet.

Ich selbst hatte zwei Tage zuvor schon hier dazu gebloggt.

Freitag, Oktober 22, 2010

Wie viel Bayern verträgt Deutschland?

Die Situation wird von Tag zu Tag verheerender - aber allein diese Frage zu stellen, war in unseren gleichgeschalteten Mainstreammedien bis jetzt tabu. Mutig wagt sich der Norddeutsche Rundfunk an ein heißes Eisen.

Ach, und falls Sie selbst aus diesem Bundesland stammen sollten, lieber Leser: SIE sind natürlich nicht gemeint. Es gibt schließlich auch gemäßigte Bayern.

Was Angela Merkel meint, wenn sie auf "Multikulti" schimpft

Nicht jeder deutet Angela Merkels Absage an "Multikulti" als Kniefall vor den Rechtsextremen und den Anheizern in Medien. Jörg Lau präsentiert eine andere Sichtweise, die mich an mein Amerikanistik-Studium erinnert: Merkel bevorzuge lediglich den Melting Pot gegenüber der in den USA gängigen Salad Bowl. Aber, fragt sich Jörg Lau zu recht, stimmt dann Angela Merkels Kommunikation nach außen?

Auch schön, im selben Blog: Muslime und Nicht-Muslime gegen Islamisten.

Donnerstag, Oktober 21, 2010

BKA-Präsident: "Wir müssen Islamophobie entgegenwirken"

Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamtes, warnt derzeit wieder vor gewaltbereiten Islamisten, worüber viele Zeitungen und Blogs berichten. Häufig bleibt jedoch unerwähnt, dass Ziercke auch einen Widerstand gegen die grassierende Islamophobie fordert. So fasst die Frankfurter Allgemeine zusammen:

Der BKA-Präsident hob indes hervor, dass der Kampf gegen den Islamismus auch eine gesellschaftliche Aufgabe sei. Er verwies auf eine jüngst vom BKA fertiggestellte Studie, nach deren Ergebnissen die Ideologie bei der Radikalisierung von politischen Gewalttätern eine geringere Rolle spiele als bisher angenommen. Die Täter kämen oft aus gestörten Familienverhältnissen, seien unzufrieden mit ihrer persönlichen Situation. In vielen Fällen habe familiäre Gewalt bei der Radikalisierung eine Rolle gespielt. Diese „abgehängten“ Jugendlichen fänden in radikalen Gruppen Strukturen und Rückhalt. Es gelte, möglichst früh an „kritischen Stellen“ wie Schulen, Moscheen oder Vereinen einzugreifen. Ferner müsse es sowohl darum gehen, die Ideologie des Islamismus zu entzaubern, als auch darum, der Islamophobie in Deutschland entgegenzuwirken, um die Entfremdung junger Muslime von der Mehrheitgesellschaft zu vermeiden.


Auch die Frankfurter Rundschau erwähnt diese Forderung des BKA-Präsidenten. Viele andere Zeitungen lassen sie bei ihrer Berichterstattung unter den Tisch fallen.

RTL und BILD erklären "Schnitzelkrieg"

Wie "Bild" und RTL einmal gemeinsam eine Lappalie zum Skandal hochkochten - weils doch gerade so gut zur allgemeinen Stimmung gegen Muslime passt


berichtet heute die taz. Gestern schon war diese Kampagne Thema in der Siegener Zeitung sowie dem NDR-Medienmagazin ZAPP. Die Beiträge schildern, wie ein zuvor einvernehmliches Miteinander zwischen muslimischen und nicht-muslimischen Deutschen durch eine hysterisierende Berichterstattung kippt und Fremdenhasser wieder Oberwasser gewinnen. Die "taz" wird noch etwas grundsätzlicher, was ihre Medienkritik an BILD, FOCUS, RTL und dem Talkshow-Irrsinn der letzten Woche angeht:

Die momentane Debatte ist für manche der Vorwand, einmal so richtig unkorrekt und hetzerisch sein zu dürfen. (...) "Der Schnitzelkrieg tobt leider weiter", wird bei RTL am Ende betont. Und Ausnahmsweise stimmt das: Denn wo vorher Frieden herrschte, ist jetzt der Mob los. Seit der Berichterstattung von RTL und Bild sind hunderte Zuschriften in der Schule eingegangen. Leiter Waschow wird bedroht. In manchen Mails reiht sich Schimpfwort an Schimpfwort, und andere strotzen vor ausländerfeindlichen Äußerungen.

20 Frauen bei Razzia gegen Kinderpornos verhaftet

Wie wär's damit, wen es um das Überwinden von Geschlechterklischees geht?:

Swedish police say they have arrested 23 people in a nationwide raid against a child pornography ring, including 20 women. Police spokesman Sven-Ake Petters called the raid "unique" and said he has never come across so many female suspects in a child pornography investigation before. He says arrests were made at 12 different locations across Sweden on Wednesday and include women aged between 38 and 60.


Könnte einfach nur ein statistischer Ausreißer sein. Frauen konsumieren weitaus häufiger "normale" Pornographie als früher und sie begehen häufiger sexuellen Missbrauch, als man denkt, aber im Zusamenhang mit Kinderpornographie sind sie bislang nicht so stark auffällig geworden.

Hier findet man den vollständigen Artikel.

Mittwoch, Oktober 20, 2010

Warum Deutschland glänzt und die USA den Bach runtergehen

Ein weiteres Fundstück, das mir heute entgegenpurzelte, als ich eigentlich nach etwas ganz anderem recherchiert habe:

In his new book, Were You Born on the Wrong Continent?, Thomas Geoghegan makes a strong case that European social democracies -- particularly Germany -- have some lessons and models that might make life a lot more livable. Germans have six weeks of federally mandated vacation, free university tuition, and nursing care. But you've heard the arguments for years about how those wussy Europeans can't compete in a global economy. You've heard that so many times, you might believe it. But like so many things, the media repeats endlessly, it's just not true.

According to Geoghegan, "Since 2003, it's not China but Germany, that colossus of European socialism, that has either led the world in export sales or at least been tied for first. Even as we in the United States fall more deeply into the clutches of our foreign creditors -- China foremost among them -- Germany has somehow managed to create a high-wage, unionized economy without shipping all its jobs abroad or creating a massive trade deficit, or any trade deficit at all. And even as the Germans outsell the United States, they manage to take six weeks of vacation every year. They're beating us with one hand tied behind their back."


Ja, das tun wir. Aber keine Sorge: Bei uns agitieren so manche emsig dafür, dass dieses "sozialistische" System abgeschafft wird und wir endlich mehr wie die USA werden.

Interessant ist auch, näher zu untersuchen, von welchen europäischen Ländern sich Deutschland abhebt:

Those less virtuous economies were the so-called "new Europe" that Donald Rumsfeld was touting. People in the countries that are in trouble now economically were the ones willing to go to Iraq -- and there is a connection. These are the countries that were much more inclined to go the American route, going into debt heavily, using housing speculation as the engine of the economy, and opening their economies big time to global bank debt and finance.

Goldman Sachs poured tons of money into Greece, and other New York, London and German banks poured money into Spain. None of the bubbles occurred in Germany and in the "old Europe" that Donald Rumsfeld wrote off. Part of Europe is in trouble to the extent -- and only to the extent -- that it's involved in the American model. Those countries most resistant to the American model are doing fine.


Hier findet man den vollständigen Artikel.

Kristina Schröder unmaskiert

Ich habe mich immer gefragt, wie eine Politikerin geistig drauf sein muss, die jemanden wie Henryk Broder ernsthaft vor einen Bundestagsausschuss einläd. Jetzt weiß ich's.

Wulff ist angekommen

Es gibt Reden, die haben Bedeutung über den Tag hinaus. Dazu gehört die Rede von Bundespräsident Christian Wulff vor der Nationalversammlung der Türkei. Sie ist die beste, die Wulff bisher gehalten hat. In ihren klaren Aussagen zur Zuwanderung, zum Verhältnis von Türken und Deutschen, über Menschenwürde und Religionsfreiheit erhebt sie sich meilenweit über die trostlose Auseinandersetzung zum Thema Zuwanderung und Integration, wie sie zurzeit in Deutschland geführt wird.


Hier geht es weiter.

Siehe auch: Endlich ein Präsident

Dienstag, Oktober 19, 2010

Warum "Multikulti gescheitert" ist

Johnny Häusler redet auf Spreeblick nicht lange um den heißen Brei herum:

(...) Und nun reckt er sich wieder, der hässliche Kopf der selbsternannten deutschen Leitkultur. Die CDU besinnt sich angesichts katastrophaler Umfrageergebnisse auf ihre Kernkompetenz, lenkt von Gesundheitsreform, Hartz IV und Wirtschaftspolitik ab und fischt am rechten Rand, statt selbigen endlich mal zu halten. Unter dem tosenden Applaus der Jungen Union gibt die Kanzlerin dem Mob das, was er hören will, kramt gemeinsam mit Seehofer den längst selbst von Alt-Grünen ad acta gelegten Begriff „Multikulti“ wieder hervor und erklärt ihn kurzerhand für „absolut gescheitert“. Und spätestens, wenn der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, solch kernige Aussagen begrüßt, da man damit wieder „die Lufthoheit über deutsche Stammtische“ gewonnen habe, fühlt man sich an alte Zeiten erinnert. Egal, ob sie 20 oder 70 Jahre zurückliegen.

(...) In einigen Radio-Nachrichten konnte man am Wochenende hören, wie die Kanzlerin zu ihrem Schluss kam: Man habe zu lange gedacht, man könne nebeneinander her leben und „die“ würden schon wieder weg gehen, sagte sie. Dies sei aber nicht passiert, und deshalb sei Multikulti gescheitert. Erst mit den vorhergehenden Worten, welche die Integrationsstrategie der Union zusammenfassen, wird das wahre Ausmaß der in ungewohnt kämpferischem Ton vorgetragenen Merkel-Rede sichtbar, denn hört man diese Sätze und den darauf folgenden Zustimmungsorkan im Zusammenhang, wird aus „Multikulti ist gescheitert“ ganz schnell ein „Haut endlich ab, wir wollen euch hier nicht haben!“.


Hier findet man den vollständigen Artikel.

FAZ: Die Biologie spricht gegen den Biologismus

Die Frankfurter Allgemeine setzt sich noch einmal in einem ausführlichen Artikel mit dem Sarrazin-Diskurs auseinander:

Die Debatte um Thilo Sarrazins Thesen hat sich verändert. Die erste Aufregung über den Ton und die biologistischen Begründungsmuster ist verebbt. Jetzt werden seine Thesen auf jene sozialpolitischen Teile reduziert, über die schon länger debattiert wird. Dennoch ist es ein Fehler, an den biologistischen Argumenten vorbeizulesen. Denn in ihnen wird deutlich, dass Sarrazin nicht an Lösungen interessiert ist, sondern lediglich Ressentiments bedient. Und es sind vor allem die Ressentiments, für die er Beifall bekommt, weniger für die Argumente.


Hier geht es weiter.

via

TITANIC kommentiert geplantes Punktesystem bei Einwanderung

Wenigstens für die Satiriker gibt es bei der aktuellen Debatte viel zu gewinnen.

Friedrich-Ebert-Stiftung in der Kritik: Wie islamfeindlich sind die Deutschen wirklich?

Vor einigen Tagen hatte ich mich auf diesem Blog skeptisch gegen die von fast allen Medien naiv übernommene Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung ausgesprochen, die einem Großteil der Deutschen massive Fremden- und dabei insbesondere Islamfeindlichkeit unterstellt. Warum mir die "Studien" der Ebert-Stiftung mehr ideologisch denn wissenschaftlich erscheinen, hatte ich schon vor mehreren Jahren in einem meiner Blogs ausführlich erklärt. Prompt wurde ich im März dieses Jahres in einer dieser "Studien" selbst dem rechtsradikalen Lager zugeordnet. Die dürftige Reaktion auf meine Kontaktaufnahme mit den Verantwortlichen in der Stiftung bestätigte meinen negativen Eindruck nur.

Mit der Diagnose von übermäßig weit verbreiteter Islamfeindlichkeit sieht es kaum anders aus, argumentiert das Blog Andalusian.de und merkt etwa unter der Überschrift "Warum stellt man solche bekloppten Fragen?" an:

Manche Fragen haben es in sich. Weil man eigentlich genau weiß, dass die Antworten die hässliche Realität verbreiteter Kultur-Rassismen und Vorurteile offenlegen werden. 37% der Deutschen hätten nach der ARD-Studie am liebsten ein Deutschland ohne Islam. Jetzt stellt euch mal vor, man fragt die türkische Bevölkerung, ob sie der Aussage zustimmen würden, ob eine Türkei ohne Judentum, Christentum, Kurden oder Armenier besser wäre. Ich weiß nicht, ob da "nur" 37% rauskämen ... Ebenso könnte man durch eine leichte Modifikation der Fragestellung auch unter den Deutschen viel mehr als 37% dazu bewegen eine prinzipielle "Islamfeindlichkeit" zu artikulieren.

Ebenso unglücklich finde ich den Satz "Ich kann es gut verstehen, dass Araber manchen Leuten unangenehm sind." der FES-Studie. 55,4% der Befragten hätten diesem Satz 2010 zugestimmt. 2003 seien es noch 44,2% gewesen. Klar: Der Anteil ist ziemlich hoch, und die Zunahme muss bedenklich stimmen. Aber: Selbst ich hätte diesem Satz zugestimmt! Warum? Weil ich es eben nachvollziehen könnte, dass Deutsche aufgrund der häufigen Nennung arabischer Namen im Kontext von Terror Vorurteile gegenüber Arabern entwickeln. Das heißt: Selbst meine Stimme wäre in der FES-Studie als Ausdruck von Islamfeindlichkeit verstanden worden! Auch hier hätte man einen weniger vieldeutigen Satz nehmen können, wie z. B. "Araber (oder Türken) sind mir unsympathisch".


Der Beitrag ist in Gänze lesenswert.

Dass die Feindseligkeit gegenüber Muslimen zunimmt bzw. viele Leute ihre Ressentiments immer offener äußern halte ich anhand vieler anderer Anhaltspunkte für unbestreitbar. Und natürlich liefert das Anlass zur Sorge. Aber überzogenen Alarmismus anhand von Studien, bei denen das gewünschte Ergebnis offenbar von vorneherein feststeht, habe ich noch nie für hilfreich gehalten. Oft führen sie lediglich zu dem Resultat, dass die Populisten unter den Politikern versuchen, sich dieser vermeintlich großen Wählerzahl eilfertig zu unterwerfen, und sich die Minderheit der Fremdenfeinde als Vollstrecker des "gesunden Volksempfindens" sieht. Allerdings sind alarmistische Befunde eine der wenigen Möglichkeiten der Friedrich-Ebert-Stiftung, überhaupt noch in den Medien erwähnt zu werden.

(Auch im aktuellen FOCUS wird die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung offenbar zerlegt. Wie gut dieser Artikel ist, kann ich aber erst beurteilen, wenn er online steht, weil ich mir dieses Heft nicht kaufen werde.)

"Typisch Alice Schwarzer"

Stefan Niggemeier erklärt im BILDblog, welche interessante Form von "Journalismus" Deutschlands bekannteste Feministin betreibt. Schade, dass das vielen Leuten erst auffällt, seit Schwarzer für die BILD schreibt.

Woher kommt die "Deutschenfeindlichkeit"?

Heute einmal eine zusammenfassende Auswahl an Links zu aktuellen, lesenswerten Beiträgen:

Das BILDblog entwirrt die chaotische und irreführende Berichterstattung der Medien zum Thema "Deutscheinfeindlichkeit". Ausführlich setzt sich auch Yasemin Shooman mit diesem Thema auseinander.

Die taz begrüßt das geplante Punktesystem zur Steuerung der Zuwanderung.

Des weiteren plant die Bundesregierung härtere Maßnahmen gegen "Integrationsverweigerer". Unter anderem soll es Sanktionen für alle Migranten geben, die den verpflichtenden Sprachkursen fernbleiben. Malu Dreyer, die Integrationsministerin der SPD, hält diese Debatte für schädlich. Tatsächlich seien größere finanzielle Zuwendungen für Deutsch- und Integrationskurse erforderlich, um lange Wartezeiten zu vermeiden. Derzeit warteten 9000 Ausländer auf einen Platz in einem solchen Kurs. Der aktuell erweckte Eindruck, dass Zuwanderer nicht bereit seien, Deutsch zu lernen, entspreche nicht den Tatsachen .

Indessen beklagt FDP-Generalsekretär Christian Lindner, dass in der Integrationsdebatte religiöse Werte bedeutsamer geworden seien als republikanische: "Das Christentum ist nicht die deutsche Staatsreligion". Wenn die alten Prägekräfte von Religion und Nation nachließen und stattdessen neue kulturelle und kosmopolitische Einflüsse zunähmen, sei diese Vielfalt ein Freiheitsgewinn.

Montag, Oktober 18, 2010

Angela Merkels Multikulti-Bashing – von Indien aus gesehen

Heute morgen in Delhi: Bei einer Konferenz über Islam in Europa und Indien eröffnen alle Sprecher ihre Beiträge mit einer Referenz an Merkels Multikulti-Absage. Die auch noch! Hat sie das wirklich gesagt, dass alle gehen sollen, die sich nicht dem “christlichen Menschenbild verbunden” fühlen?

Nun ja, da steht man für einen Moment angeschmiert da, versucht die Kanzlerin zu verteidigen – und gibt dann doch lieber auf, wenn man in die fassungslosen Gesichter sieht. Man hatte Merkel als besonnene europäische Politikerin in Erinnerung, die mit Manmohan Singh exzellente Beziehungen pflegt. Man hatte sie als Fels in der populistischen Brandung gesehen, anders als Sarkozy, Berlusconi (es sind viele Italiener hier) oder die Regierungschefs unserer kleinen Nachbarstaaten, die fast alle von großen rechtspopulistischen Strömungen abhängen.


Hier geht es weiter.

Scharia in Deutschland – seit über 100 Jahren

"Bei uns gilt das Grundgesetz und nicht die Scharia" polemisierte kürzlich sogar Angela Merkel und stieg damit bereitwillig auf die Panikmache diverser Journalisten und Blogger ein. Schluss mit der Hysterie: Der Islamwissenschaftler und Jurist Professor Mathias Rohe erklärt im Deutschlandradio ganz nüchtern, warum in Deutschland seit über 100 Jahren islamisches Recht angewendet wird.

Neue Studie: Gewalt gegen Väter nimmt zu

Der ORF berichtet.

Germanys next Sarrazin

Die Heute-Show stellt die durchgeknallte Integrationsdebatte der letzten Wochen satirisch vom Kopf auf die Füße und zieht von Alice Schwarzer bis zu Horst Seehofer jeden durch den Kakao, der dafür nach vorne gedrängt ist. Darf man den Rassismus den Rassisten überlassen – oder sollte nicht lieber die CSU diese Aufgabe übernehmen? Sind "doofe Schlampen" ein Islamproblem? Definitive Empfehlung zum Wieder-Runterkommen nach all diesen Kontroversen.

Warum wir tatsächlich immer dümmer werden

Zugegeben: Dieser Artikel über den rasanten Rückgang des Wissenschaftsjournalismus stammt noch aus dem Jahr 2009. Aber er trifft noch immer ins Schwarze. Ein paar Absätze, die einen zentralen Aspekt dieses Problems behandeln:

As a rule, journalists are always in search of the dramatic and the new. When it comes to science, however, this can lead them to pounce on each "hot" new result, even if that finding contradicts the last hot result or is soon overturned by a subsequent study. The resulting staccato coverage can leave the public hopelessly exasperated and confused. Should you drink more coffee or less? Does global warming increase the number and intensity of hurricanes or not? Are vaccines safe, or can they cause an autism epidemic? Experienced science journalists know how to cover such topics by contextualizing studies and deferring to the weight of the evidence. Inexperienced journalists, though, are likely to leave audiences with a severe case of media whiplash.

Then there's the problem of "balance"--the idea that reporters must give roughly equal space to two different "sides" of a controversy. When applied to science, especially in politicized areas, this media norm becomes extremely problematic. Should journalists really grant equal time to the small band of scientists who deny the causal relationship between HIV and AIDS when the vast majority of researchers accept the connection between the two? Should they split column space between the few remaining global warming "skeptics" and scientific experts who affirm the phenomenon's human causation? Again, experienced science journalists will know best how to cover such stories and will be aware of the scientific community's very justifiable abhorrence of unthinking "balance."

For a disturbing glimpse of what to expect from a media world with vastly fewer trained science journalists, we need only recount how much of the press managed to bungle the most important science-related story of our time: global warming. We were warned and warned again about climate change, yet for decades did nothing as the problem steadily worsened. In large part, that's because the US public continues to rate global warming as a low priority, and politicians respond to that public. Both have been getting their cues about what matters from the media.

The mass media, however, got the climate story wrong in multiple ways--first, by covering it as a "he said, she said" controversy during the 1990s (bowing to pressure from special interests and their pet scientists, who strategically attacked the scientific consensus) and then, even after moving away from such "balanced" coverage, by providing far too little attention to the story overall--hardly proportionate to the grave planetary danger it poses. Climate change keeps worsening, yes, but how often is it the kind of news that can trump all the other urgent matters demanding media attention?


Na gut, mag sich mancher sagen, wer braucht denn heute noch die "Holzmedien" – es gibt doch jetzt diese schicken (und kostenlosen) Blogs. Die sind aber ein Teil des Problems, erklärt uns dieser Artikel in einigen Absätzen, die einen unweigerlich an den pseudowissenschaftlichen, aber immens beliebten Unfug auf Blogs wie "Die Achse des Guten" denken lassen:

If the Internet is most directly responsible for the decline of newspapers, then can science blogs and science-infused websites fill the gap?

Science content on the web is certainly booming. It's estimated that there are some 1,000 science blogs, and that's undoubtedly a very conservative figure. Science blogs often focus on hot-button topics such as vaccination, the teaching of evolution and the politics of climate change, and devote considerable time to parsing new research findings. Often written by scientists or science journalists, they're highly attuned to the many problems that have plagued the coverage of science, like phony "balance," and tend to avoid or even denounce them--with verve and attitude.

(...) Undoubtedly, one can find excellent science information on the web, but the question is whether most people will find it. Newspaper science journalists in their heyday wrote for a broad and diverse slice of the public. On the Internet, though, it's all about finding your particular micro-community. The web atomizes us – and while it certainly empowers, it empowers good and bad alike. Accurate science and the most stunning misinformation thrive side by side – anti-vaccine advocates, anti-evolutionists and global warming deniers all have highly popular websites and blogs, and there is no reason to think good scientific information is somehow beating them back.

This problem was on full display in the 2008 Weblog Awards, a popularity contest that featured a tight race for Best Science Blog. The two leading contestants: PZ Myers's Pharyngula (scienceblogs.com/pharyngula), the online clearinghouse for confrontational atheism, and Watts Up With That (wattsupwiththat.com), written by former TV meteorologist Anthony Watts, a skeptic of the scientific conclusion that human activities have caused global warming. Both sites are polemical: one assaults religious faith; the other constantly attacks mainstream understanding of climate change.

In the end, Watts Up With That defeated Pharyngula, 14,150 votes to 12,238. The "science" contest came down to the religion-basher versus the misinformation-machine, and the misinformation-machine won. That speaks volumes about the form science commentary takes on the Internet.


Hierzulande läuft es ähnlich. Es gibt großartige Wissenschaftsblogs, die wieder und wieder erklärt haben, warum das Leugnen des Klimawandels schlicht unseriös ist. Die hohen Zugriffszahlen erhalten dank Unterstützung von BILD & Co. aber die oben erwähnten "Missinformationsmaschinen" wie die "Achse des Guten", wo Sachkunde durch rhetorischen Eifer ersetzt wird.

Immerhin erklärt der obige Artikel über den Niedergang des Wissenschaftsjournalismus auch, wie man dieser Entwicklung entgegenwirken kann. Die Ironie der Sache liegt allerdings darin, dass auch mein Blogbeitrag darüber nur zu wenigen Zugriffszahlen führen wird. Das Standardargument dazu ist mir aus vielen Foren wohlbekannt: "Böööh! So lange Absätze und dann auch noch alles auf Englisch!" In der Regel kommen solche Kommentare von denselben Leuten, die sich Bücher darüber zu kaufen, dass unser Land wegen der vielen Ausländer gefährlich zu verblöden drohe. In Wirklichkeit wollen immer weniger Menschen mühevoll dazulernen, statt auf bequeme Weise ihr eigenes Weltbild scheinbar bestätigt zu bekommen.

Deutschenfeindlichkeit, Islam, Zuwanderungsstopp

Der Beauftragte des Berliner Senats für Integration und Migration hat eine hübsche Übersicht erstellt: Schlagworte der Integrationsdebatte – und was dahinter steckt.

Sonntag, Oktober 17, 2010

"Wir wollten Arbeitskräfte, aber es kamen Musels"

Dieses Wochenende habe ich mir die unterschiedlichsten Talksendungen der letzten Tage zum aktuellen Reizthema "Hilfe, Ausländer!" zu Gemüte geführt – Phrasendrescherei vom "Stadtgespräch" über "Hart aber fair" bis zum "Presseclub". Nur Anne Will heute Abend steht noch aus, aber das dürfte ähnlich werden. Ich könnte jetzt absatzlang das Geschwafel einiger Leute zerpflücken, aber was bringt's? Da verweise ich doch lieber auf die Sendung, die mir gut gefallen hat: Scharfmacher und Visionäre: Wie viel Islam gehört zu Deutschland? im HR2-Radio (hier als Podcast). Hilal Sezgin ist als Diskussionsteilnehmerin großartig, und obwohl etliche Leute telefonisch ihre Meinung beisteuern, fragt man sich anders als sonst zu keinem Zeitpunkt, warum in den letzten Wochen dermaßen viele Irre Ausgang haben. Liegt das am Ende daran, dass in Hessen (einer Untersuchung des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung zufolge) die Integration von Ausländern im deutschlandweiten Vergleich am besten funktioniert?

Freitag, Oktober 15, 2010

Die Medien und das Feindbild Islam

Silke Wortel hat für den WDR Bernd Sommer interviewt: einen wissenschaftlichen Mitarbeiter am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen (KWI) mit den Schwerpunktthemen Rechtsextremismus, Rassismus und Populismus. Einige Auszüge aus Sommers Anmerkungen zur aktuellen Mediendebatte:

Es gab keinen neuen Integrationsbericht, der besonders alarmierend gewesen wäre. Es gab keinen vereitelten Anschlag in letzter Zeit oder einen dramatischen Ehrenmord, den die Medien sich als Anlass genommen hätten. Es war lediglich das Buch, das von zentralen Medien populär gemacht wurde. Auch, wie dort das Thema eingeordnet wurde, ist bemerkenswert. Da war meist zu hören, dass Sarrazin "für seine Thesen zum Thema Integration" kritisiert wurde. Das war aber nicht die Kritik. Die Kritik richtete sich gegen den rassistischen Kern seiner Thesen. Ihn als jemanden zu bezeichnen, der wegen seiner "Thesen zur Integration" kritisiert wird, verfälscht die Debatte, weil es den Anschein erweckt, dass es da Themen gibt, die nicht offen angesprochen werden dürfen.

(...) Vor einigen Jahren waren es "die Türken" oder "die Asylanten" und "das Boot ist voll". Heute wird von "den Muslimen" gesprochen. Es meint aber das gleiche, nämlich die Auffassung, dass es ein Zuviel gibt, dass eine bestimmte Bevölkerung gegenüber der Mehrheit zunehmend die Überhand gewinnt. Das sind Ressentiments, die schon lange existieren. Derzeit erleben wir eine Mischung aus alten Ressentiments, die jetzt in neuer Form auftreten, und einer falsch verstandenen Islamkritik. (...) Was den Diskurs um den Islam so unübersichtlich macht, ist, dass die Ressentiment-Geladenen die Gelegenheit bekommen, ihre Ressentiments zu veredeln. Sie können sagen: Ich bin gegen den Islam, weil ich nicht gut finde, wie der Islam die Stellung der Frau sieht. Oder ich bin gegen den Islam, weil Schwule in islamisch geprägten Ländern diskriminiert werden. So werden Ressentiments rationalisiert und legitimiert. Da gibt es ja ganz spannende Verbindungen von feministischer Seite wie Alice Schwarzer bis hin zu Henryk M. Broder oder Ralph Giordano, die das Islam-Thema nehmen und Allianzen bilden, die man sich vor ein paar Jahren gar nicht vorstellen konnte.


Hier findet man das komplette Interview.

Donnerstag, Oktober 14, 2010

Es drohen gefährliche Zeiten

Eberhard Seidel, Geschäftsführer von "Schule ohne Rassismus", fasst zusammen, worum es in der aktuellen Debatte geht:

Zur Erinnerung: In den frühen achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts verunsicherten Massenarbeitslosigkeit und Automatisierung der Produktion die Menschen im Westen der Republik. Ähnlich wie heute suchte konservative Politik angesichts der sozialpolitischen und sozioökonomischen Herausforderungen ihr Heil im rassistischen Diskurs. Arbeitslosigkeit und Verarmung hatten schnell einen Namen: "die Türken". (...) In Folge des allgegenwärtigen Türkenbashing in Politik und Publizistik kommt es in den achtziger Jahren zu einer Welle antitürkischer Gewalt in Westdeutschland. Türken werden von neonazistischen Straßenbanden erschlagen - in Hamburg, Berlin und anderswo. Und im bayerischen Schwandorf verbrennt 1988 ein Neonazi erstmals Türken im Schlaf.

(...) Die Rolle der Scharfmacher haben heute Internetplattformen wie "Politically incorrect" übernommen. Blogger kübeln ihre rassistische, vor allem antimuslimische Jauche in die Köpfe von Zigtausenden, die die Seite täglich besuchen. (...) Die hysterischen Bezichtigungen, für die Namen wie Henryk M. Broder, Necla Kelek, Udo Ulfkotte und Thilo Sarrazin stehen, sind keine Diskurse der Befreiung und Emanzipation. Es sind Rüpeleien, Erzählungen des Verdachts und der Denunziation. Ihre Thesen stoßen in der Bevölkerung nicht wegen der Qualität der Texte und der Analyse auf Begeisterung, sondern weil sie ein tiefer sitzendes Bedürfnis vieler Deutscher befriedigen. Der Islamstreit erlaubt, all die rassistischen Emotionen ungehindert auszuleben, denen beim Antisemitismus und Rechtsextremismus inzwischen recht enge Grenzen gesetzt werden. (...) Wenn die Annahme stimmt, dass dem offenen Ausbruch eines Konflikts eine Zeit der Entfremdung vorausgeht, in der das Misstrauen wächst, dann stehen den Muslimen turbulente und gefährliche Zeiten bevor.


Seidels Artikel ist in Gänze lesenswert.

Mein Abend mit Sarrazin

Der Soziologieprofessor Armin Nassehi wird nicht der letzte sein, der die spannende, aber auch etwas beängstigende Frage zu beantworten sucht: Warum wird ein bürgerliches Publikum zum Mob?

Mittwoch, Oktober 13, 2010

Alice Schwarzer und Thea Dorn: Ressentiment als "Aufklärung"

Manch einer unter Deutschlands Kopfarbeitern rüstet zurzeit auf. Die friedliche Epoche hat zu lange gedauert, es ist an der Zeit, mit bewaffneten Zungen zu klirren. Sarrazin hat eine wilde Attacke geritten, Breschen in die Reihen der feigen Gutmenschen geschlagen. Es gilt, den Vorteil auszunutzen. Manche, wie die Mitglieder der ulkig benannten Gruppe "Die Achse des Guten", scheuen schon seit längerem kein mediales Scharmützel und beweisen sich als Säbelrassler von unfreiwilliger Komik. Andere, wie Alice Schwarzer, haben sich die Abschaffung des Kopftuchs auf die Fahnen geschrieben, nachdem ja die Unterdrückung der nichtmuslimischen Frau überwunden worden ist. Und nun prescht die Moderatorin Thea Dorn (auch die "Eva Herman des gehobenen Feuilletons" genannt) couragiert vor, um das "Tribunal der Gutmeinenden" zu geißeln. Gemeinsam ist diesen deutschen Gegendenkern, dass sie Ressentiments für Waffen der Aufklärung halten und den verächtlichen Ton von Sarrazin für Musik.


Hier geht es weiter.

"Ein Türke rief an: Großen Hunger, ich fressen Kater"

Die Medienkampagne, die unter anderem die BILD-Zeitung derzeit gegen Muslime führt (siehe aktuell etwa hier und hier), erinnert viele Kritiker vor allem an den Beginn der neunziger Jahre. Damals schürten BILD und SPIEGEL vor allem die Stimmung gegen Flüchtlinge, wobei der Hass bald auf andere Einwanderer übergriff und schließlich zu den Morden unter anderem von Mölln und Solingen führte.

Man kann allerdings noch ein paar Jahrzehnte weiter zurückgehen – zurück in die gute alte Zeit, als die BILD noch nicht unter dem Vorwand der Religionskritik verdeckt über Muslime, sondern ganz offen gegen Türken hetzte. Ein paar mehr oder weniger willkürlich herausgegriffene Beispiele (zitiert nach Günter Wallraffs BILDerbuch, Steidl-Verlag 1985, mit einem Vorwort von Heinrich Böll) von Schlagzeilen, die einem damals an jedem Kiosk entgegensprangen:

BILD vom 31.7.1973: GASTARBEITER AM STEUER: TRÜMMER UND TOTE

BILD vom 11.6.1975: VON 80 TÜRKEN VERGEWALTIGT!

BILD vom 20.8.1976: NOCH EINE MILLION TÜRKEN WOLLEN ZU UNS KOMMEN!

BILD vom 18.7.1977: TÜRKE HATTE WASCHMASCHINE UND HALBES AUTO ALS HANDGEPÄCK

BILD vom 29.7.1978: KOFFER, KISTEN, KÜHLSCHRANK – VORSICHT, DIE TÜRKEN KOMMEN

BILD vom 31.8.1978: In Mannheim sind 180 Katzen spurlos verschwunden. EIN TÜRKE RIEF AN: GROSSEN HUNGER, ICH FRESSEN KATER

BILD vom 9.4.1981: TÜRKE (24) KAUFT SICH DEUTSCHE EHEFRAU (76)

BILD vom 5.9.1984: EINE SCHULE IN FRANKFURT: "JETZT BIN ICH DIE LETZTE DEUTSCHE IN DER KLASSE!"

Zumindest bei den Senioren ist also wohl kaum der vermeintliche Tabubruch der Grund für ihre Begeisterung für solcherlei Stimmungsmache. Sondern eher das dadurch ausgelöste Gefühl wärmender Nostalgie, die Erinnerung an die eigene Jugend, als die Welt noch in Ordnung war.

Bundestagsantrag der Grünen: Gemeinsames Sorgerecht für nichteheliche Väter

Auf den männerpolitischen Antrag der Fraktionen CDU/CSU und FDP, über den ich in den letzten Tagen berichtet habe und desen Für und Wider im Internet bereits heiß diskutiert wird, folgt nun ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 6. Oktober. Das Praktische dabei ist, dass sich dieser Antrag problemlos als pdf verlinken lässt, so dass sich jeder seinen eigenen Eindruck von diesem Gesamtpaket ganz unterschiedlicher Forderungen bilden kann. Eine Kurzfassung seines Inhalts findet man in dieser Pressemitteilung von heute Mittag.

Dienstag, Oktober 12, 2010

Die Rückkehr der einfachen Wahrheiten

Warum führt sich bei der Integrationsdebatte heute selbst ein bürgerliches Publikum auf wie ein Mob? Warum sind viele Menschen für vernünftige Argumenten gar nicht mehr zugänglich, sondern reagieren nur noch mit Hass und Ressentiment? Wie kam es zu einer Kultur, in der ein Machwerk zum Bestseller wurde, das vom Niveau her ungefähr dem im Jahr 1900 erschienenen Megaseller "Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes" entspricht – nur heute mit Migranten statt Frauen als "naturgemäß" minderwertigen Menschen?

Wer etwas mehr als 50 Minuten Zeit zum Radio- bzw-Podcast-Hören zur Verfügung hat, kann sich auf HR 2 – Der Tag eingehender mit diesem Thema beschäftigen.

Professor Walter Hollstein: "Sternstunde in der Jungen- und Männerfrage"

Inzwischen liegt mir von Professor Walter Hollstein, einem der führenden Männerforscher im deutschen Sprachraum, eine erste schnelle Einschätzung des CDU-FDP-Bundestagsantrags vor, über den ich gestern und heute berichtet habe:

Ich neige nicht zum Pathos, aber diesen Text würde ich in der längeren BRD-Geschichte der Jungen- und Männerfrage doch als Sternstunde bezeichnen. Der Text ist umfassend, klug und kompetent. Er signalisiert ganz eindeutig einen Paradigmenwechsel in der Geschlechterpolitik, indem zum ersten Mal deutlich hervorgehoben wird, dass die Gleichstellungsproblematik (wie es ja eigentlich der Begriff auch nahelegt) nicht nur die Frauen einbeziehen darf, sondern auch die Männer einbeziehen muss.

Die Einschätzung, dass an der Problematisierung der männlichen Rollenstereotypen gearbeitet werden muss, um die bestehende (traditionelle) Männerrolle zu modernisieren (wie es mit der Frauenrolle ja schon vor dreißig Jahren geschehen ist), entspricht den vorliegenden empirischen Ergebnissen (z. B. den Shell- und Sinus-Studien) und deren Interpretation in den Sozialwissenschaften (z. B. Hurrelmann, Franz, Hollstein u.a.). Die Zielsetzung von Männerveränderung bleibt mir allerdings einigermaßen unklar. So wird nicht deutlich, ob Jungen und Männer nun zunehmend feminisiert werden sollen (was sich schon in der Vergangenheit als kontraproduktiv herausgestellt hat, siehe etwa die Gestalt des "Softi") und wie Jungen und Männer an der Gestaltung ihrer eigenen Veränderung beteiligt werden sollen.

Ganz wichtig erscheint mir die Forderung, dass die Lebenslagen von Jungen und Männern erforscht werden sollen. Das ist ja, wie Freud über die Frauen zu seiner Zeit geschrieben hatte, tatsächlich ein "dunkler Kontinent" in der Geschlechterforschung. Während wir sogar wissen, welches Profil Frauen benötigen, um in Algerien als Schäferinnen zu arbeiten (das war mal ein Forschungsvorhaben in Berlin und wurde dann vom Bundesrechnungshof gerügt), wissen wir über zentrale Bereiche von Mannsein gar nichts (z. B. über den Umgang mit Krankheit und Todesnähe, über Beziehungsqualitäten und -fähigkeit, Verhalten und Probleme während der Schwangerschaft der Partnerin, den Umgang mit Arbeitslosigkeit etc). Insofern ist die Forderung, diese Leerstellen nun zu füllen, schon quasi revolutionär. Vielleicht bewirkt sie auch, dass neben den rund 25o Professuren für Frauen- und Genderforschung im deutschsprachigen Bereich nun wenigstens der eine oder andere Schwerpunkt für Männerforschung an den Hochschulen eingerichtet wird.

Was mir - beim raschen Lesen - zu kurz kommt bzw. fehlt, ist das Problem eines neuen Männerbildes. Die Politik hat sich ja in den späten sechziger Jahren sehr darum gekümmert, ein neues Frauenbild zu propagieren, um die Frauen damals auf den Arbeitsmarkt zu bringen. Ich kann mich noch an ein riesiges Plakat erinnern, das ich bei einem Spaziergang durch Kreuzberg gesehen hatte: Darauf stürmte eine junge Frau eine Art Schlosstreppe hoch und darüber oder darunter stand dem Sinne nach: Du musst nicht mehr auf deinen Märchenprinzen warten, sondern kannst dein Leben selber gestalten. In dieser Optik bräuchte es auch Anreize, damit Männer sehen, wie vielfältig Männlichkeit sein kann und dass nicht nur der ein Mann ist, der Vorstandsvorsitzender ist, einen Haufen Geld besitzt und ein tolles Auto fährt. Entsprechende Änderungen müsste es z. B. auch in den Schulbüchern geben: also Männerfiguren, mit denen sich Buben auch identifizieren können.

Ebenfalls fehlt mir bei dem ganzen guten Katalog von Forderungen, dass die schon bestehenden Einrichtungen, z. B. Männerberatungsstellen (denen es insgesamt finanziell nicht gut geht, obwohl sie seit rund 25 Jahren eine ganz wichtige Arbeit leisten) unterstützt werden.

Letzte Bemerkung: Ich finde es symptomatisch, dass ein solches wichtiges Dokument von konservativer Seite kommt. Es lässt sich auch verfolgen, dass etwa während der rot-grünen Regierungszeit sämtliche Vorstöße zur Jungen- und Männerproblematik aus der CDU kamen. Das ist im Grunde schon etwas grotesk, weil es eigentlich die Grundbegriffe von konservativ und progressiv verkehrt. Man denke auch an die Denunzierung der Männerproblematik im Bundesgesundheitsbereich durch Volker Beck als "Opferkonkurrenz".


Walter Hollstein ist bzw. war Professor für politische Soziologie in Berlin, Bremen und heute in Basel, Gutachter des Europarates in Männerfragen und Mitbegründer der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Männerforschung. Schon seit seinem ersten Männerbuch "Nicht Herrscher, aber kräftig" (1988) äußert er sich immer wieder kritisch gegenüber einem einseitigen Feminismus als Grundlage von Geschlechterforschung und -politik.

Hans-Joachim Lenz: "Empörung über Männerrechtler entbehrt nicht einer gewissen Heuchelei"

Die Empörung, die über Männerrechtler hereinbricht, entbehrt nicht einer gewissen Heuchelei. Erst ihre stärkere strategisch-öffentliche Präsenz führt dazu, dass sich Männer im Umfeld der Grünen nun trauen, ebenfalls öffentlich mit ihren Emanzipationsforderungen in Erscheinung zu treten (siehe Grünes Männermanifest). Ausgeblendet wird dabei, dass Männer, die dem grün-linken Milieu zuzuordnen sind, im Geschlechterdiskurs eine paternalistisch-gewährende Haltung gepflegt haben und noch pflegen, die Männlichkeit – und damit sich selbst als politischen Mann – nicht einbezieht. Joschka Fischer erscheint als Gallionsfigur dieses machtorientierten Männertypus. Bei Männern, die dem grünen und linken Milieu zuordenbar sind, fällt zudem auf, dass sie sich tendenziell entschuldigen, ein Mann zu sein.


Lenz sagt noch einiges mehr, aber bei tendenziell schwierigen Leuten bin ich mit ausführlichen Zitaten wegen des Urheberrechts gerne etwas zurückhaltend. :-) Lenzens kompletten Beitrag findet man putzigerweise in einem Blog, das eigentlich zum Einprügeln auf Männerrrechtler eingerichtet worden war. Die Debatte bewegt sich voran.

Schwulenhass in New York nimmt zu

In der Metropole häufen sich brutale Übergriffe auf Homosexuelle. Zur gleichen Zeit macht die Tea-Party-Bewegung Wahlkampf gegen deren Gleichstellung.


Die Zeit berichtet.

taz: "Neue Männerpolitik braucht das Land"

Wie ich gestern angekündigt hatte, berichtet heute auch die Berliner "tageszeitung" über Deutschlands Aufbruch zu einer Geschlechterpolitik, die auch Männern zugute kommen soll:

Mehr Programme für lernschwache und migrantische Jungs, Schulen, die auch Jungen Spaß machen, mehr Männer in Kitas und mehr Männer als Gleichstellungsbeauftragte. So lautet, salopp zusammengefasst, ein Antrag, den FDP- und Unionsfraktion demnächst in den Bundestag einbringen wollen und der der taz vorliegt.

(...) Zum ersten Mal werde deutlich hervorgehoben, "dass die Gleichstellungsproblematik nicht nur die Frauen einbeziehen darf, sondern auch die Männer einbeziehen muss". Als "revolutionär" bezeichnet Hollstein die Forderung, die Lebenslagen von Männern und Jungen genauer zu erforschen. "Vielleicht bewirkt sie auch, dass neben den rund 250 Professuren für Frauen- und Genderforschung im deutschsprachigen Bereich nun wenigstens der eine oder andere Schwerpunkt für Männerforschung an den Hochschulen eingerichtet wird."


Cool. Noch vor einem halben Jahr wurden Männerrechtler, die solche Forderungen erhoben haben, in der "taz" als verkappte Rechtsextremisten verunglimpft.

Hier findet man den vollständigen Artikel.

Montag, Oktober 11, 2010

Islamfeindlichkeit nimmt stark zu

Die Islamfeindlichkeit in Deutschland hat deutlich zugenommen. Das geht aus einer neuen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung hervor, wie das ARD-Politikmagazin Report Mainz am Montag berichtete.


Gut, dass die Studie von der Friedrich-Ebert-Stiftung stammt, macht sie natürlich angreifbar. Deren Untersuchungen sind mitunter so ... phantasievoll, dass in einer davon ich selbst dem rechtsradikalen Lager zugeordnet wurde. Aber andere Untersuchungen scheinen zu ähnlichen Ergebnissen zu kommen:

Im Auftrag von Report Mainz fragte zudem Infratest-dimap, wer folgender Aussage zustimmt: "Ein Deutschland ohne Islam wäre besser." 37 Prozent stimmten dem zu. Und 44 Prozent befürworteten die Aussage: "Seit der Debatte über Thilo Sarrazins Buch kann man sich trauen, den Islam offener zu kritisieren." 35 Prozent der Befragten machen sich zudem "große Sorgen, dass sich der Islam in unserer Gesellschaft zu stark ausbreitet".

Nach Recherchen von Report Mainz bekommen Wissenschaftler, die sich kritisch zu den Thesen Sarrazins äußern, Morddrohungen und hunderte Hass-Mails beziehungsweise Droh-E-Mails. Solche Reaktionen erfuhren auch liberale Diskutanten, die sich in Gesprächen mit Sarrazin erlaubten, den kruden Thesen zu widersprechen.


Immerhin bedeutet das, dass auch während massiver Medien-Hetzkampagnen gegen den Islam 63 Prozent der Bevölkerung ein Deutschland ohne diese Religion keineswegs besser finden. Aber 44 Prozent, die immer noch glauben, man müsse hierzulande Sanktionen befürchten, wenn man den Islam kritisiere? Trotz zig Anti-Islam-Blogs mit täglich Dutzenden von Beiträgen gegen die "Ziegenficker", "Kanacken" und "Hinternhochbeter" – kombiniert mit etlichen Büchern und Artikeln, die ins selbe Horn stoßen? Das ist schon arg bizarr.

Die Süddeutsche Zeitung berichtet.

Seehofer will von "Zuwanderungsstopp" nichts mehr wissen

Nach seinem vielfach kritisierten FOCUS-Interview wurde Horst Seehofer von etlichen Seiten vorgerechnet, dass Deutschland nicht über zu viele, sondern über zu wenige Zuwanderer verfügt, es sich gar vom Einwanderungs- zum Auswanderungsland entwickelt hat. Auch aus den eigenen Reihen konnten sich viele nicht mit Seehofers Gepolter anfreunden:

Bemerkenswert ist, dass auch Konservative in der CDU eher auf Distanz zu dem rhetorischen Sprengsatz aus Bayern gingen. So äußerte sich Uwe Schünemann, Innenminister in Niedersachsen und als Law-and-Order-Mann bekannt, skeptisch. "Was Herr Seehofer hier gesagt hat, geht eindeutig zu weit." Man dürfe Migrantengruppen nicht gegeneinander ausspielen. Seehofers Äußerungen seien reiner "Populismus". Auch Roland Koch, Ex-Ministerpräsident von Hessen und noch Vize-Chef der CDU, ließ in einem Radiointerview durchblicken, was er von Seehofers Migrationsstopp für Muslime hält: nichts.


Nun rudert der CSU-Chef eilig zurück. Die Münchner
Abendzeitung berichtet fast schon süffisant:

Am Montag reichte es Angela Merkel. In aller Früh griff die Kanzlerin zum Telefon und rief Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer an. Der hatte mit seinen Äußerungen zur Zuwanderung von Türken einen Sturm der Empörung ausgelöst. Es wurde ein „sehr ausführliches“ Gespräch. Danach ruderte der CSU-Chef zurück. Kurz nach neun, als er vor der Hanns-Seidel-Stiftung zum „Internationalen Strategie-Symposium“ eintraf, hatte er seine eigene Strategie auf Rückzug umgestellt: Nie habe er einen Zuzugsstopp von Türken und Arabern gefordert. Seehofer: „Lesen Sie mein Interview, dann werden Sie so einen Begriff nicht finden.“ Schuld an der Aufregung sind jetzt die anderen. Die, die ihn falsch interpretiert haben, heißt es in Seehofers Umgebung. Selbst die eigenen Leute verstehen den Klartextpolitiker offensichtlich nicht.


Auch die Frankfurter Allgemeine lässt Seehofer diesen Quatsch nicht durchgehen:

Gegen Seehofers Äußerungen wandte sich ungewohnt entschieden die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Böhmer (CDU): „Ich bin schockiert über die Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten.“ Menschen aus einem anderen Kulturkreis dürften nicht unter einen Generalverdacht gestellt werden. Frau Böhmer kritisierte: „Das grenzt aus und läuft allen Integrationsbemühungen zuwider.“ Der bayerische Ministerpräsident entgegnete dem, es sei wohl eine Erscheinung der gegenwärtigen Zeit, dass Leute sagen: „Ich habe zwar das Buch nicht gelesen, aber ich kann es bewerten.“ Offenbar sei das auch bei Frau Böhmer der Fall. Er habe in seinem Interview keinen generellen Zuwanderungsstopp für Türken und Araber gefordert. Allerdings besagt der Text genau das, und es finden sich auch keine relativierenden Äußerungen Seehofers.


Hart gehen auch die Süddeutsche Zeitung, der STERN und der Tagesspiegel mit Seehofer ins Gericht. Dass Seehofer sich fast schon grundsätzlich missverstanden fühlt und an zwei Tagen hintereinander drei verschiedene Meinungen zur selben Sache vertritt beklagt unter anderem die Nürnberger Zeitung. Mancher erinnert sich etwa noch gut daran, wie Seehofer erst heftig gegen die Aussetzung der Wehrpflicht Einspruch einlegte, um dann plötzlich ihre Abschaffung zu fordern.

Grundsätzlich scheint aber auch Seehofers "Richtigstellung"
wenig Sinn zu ergeben. So wanderten im Jahr 2009 kaum mehr als tausend Arbeitsmigranten von der Türkei nach Deutschland ein:

Die reinen Zuwanderungszahlen sagen noch recht wenig über die Arbeitsmigration - aber darum ging es dem CSU-Chef nach eigener Klarstellung vom Montag. Dabei ist die Einwanderung zum Arbeiten streng reguliert. Nur für Akademiker und Spitzenkräfte, die einen Job mit mehr als 66.000 Euro Jahresgehalt nachweislich sicher haben, ist eine Einreise einfach. Sonst gilt nach dem Aufenthaltsgesetz die 'Vorrangprüfung' - Ausländerbehörde und Arbeitsagentur schauen akribisch darauf, ob eine freie Stelle nicht an einen Einheimischen oder einen schon hier lebenden Ausländer vergeben werden kann, bevor ein neuer Ausländer einreist. Insgesamt weist eine neue Studie des Bundesamts für Migration zur 'Deckung des Arbeitskräftebedarfs durch Zuwanderung' für das Jahr 2009 nur rund 26.400 Arbeitsmigranten aus. Davon kamen aus der Türkei 1.053 (von denen wiederum 715 als 'Qualifizierte' geführt wurden und lediglich 115 als 'Geringqualifizierte'). Zum Vergleich: Aus den USA kamen dieser Statistik zufolge 3.229 Menschen zum Arbeiten nach Deutschland, aus Indien 3.094 und aus China 2.356.


Eines ist auf jeden Fall gleich geblieben: Die Regierungskoalition präsentiert sich auch bei diesem Thema einmal mehr chaotisch und völlig zerstritten. Einerseits den Fremdenfeinden Genüge zu tun, aber andererseits die vorliegenden Fakten zu berücksichtigen ist allerdings auch ein unmöglicher Spagat.

Paradigmenwechsel in der deutschen Geschlechterpolitik

Fast ein halbes Jahrhundert lang bestand Geschlechterpolitik (auch) in Deutschland darin, alles zu tun, was für das weibliche Geschlecht von Vorteil war. Das männliche wurde komplett vernachlässigt. Heute wurde mir ein Dokument zugespielt, das darauf hindeutet, dass diese Einseitigkeit ein Ende findet. Das wäre knapp zehn Jahre nach der Veröffentlichung meines Buches Sind Frauen bessere Menschen?, in dem ich erstmals solche Forderungen aufgestellt hatte, ein entscheidender Schritt nach vorne. Allerdings enthält das Dokument auch Passagen, die mancher Männerrechtler kritisch sehen wird (dazu gleich mehr).

Mir ist dieses Dokument etwas zu umfangreich, um seinen Inhalt hier vollständig zu zitieren, aber interessierte Freunde und Bekannte kennen meine Mailadresse. (In Genderama-Zeiten sind wir ja mit ähnlich brisanten Schriftstücken auf dieselbe Weise verfahren.) Meiner Quelle zufolge soll jedoch ein Artikel über dieses Dokument bereits morgen in der Berliner "tageszeitung" (taz) erscheinen.

Es handelt sich bei dem fraglichen Dokument um einen Antrag, der am 28. September 2010 von den Abgeordneten Michaela Noll und Volker Kauder und der Fraktion der CDU/CSU sowie Miriam Gruß und Birgit Homburger und der Fraktion der FDP eingereicht wurde. Er trägt den Titel "Für eine moderne Gleichstellungspolitik – Perspektiven für Jungen und Männer erweitern".

In den ersten Absätzen dieses Antrages heißt es unter anderem:

Die Anliegen der Gleichstellungspolitik sind, dies zeigen auch die Sinus-Studien, heute weitgehend akzeptiert, von Männern ebenso wie von Frauen. Über einen langen Zeitraum sind die Begriffe Gleichstellungspolitik und Gleichberechtigung allerdings ausschließlich mit Frauen und Mädchen in Verbindung gebracht worden, da das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern lange Jahre vornehmlich durch frauenpolitische Maßnahmen verfolgt wurde. In dieser Zeit wurden auch große Fortschritte erzielt. Der Beruf des Arztes etwa war früher ein typischer Männerberuf; heute sind 60-70 % der Studienanfänger im Fach Medizin Frauen. Es entstand dabei gelegentlich der Eindruck, Gleichstellung sei ein Anliegen von Frauen für Frauen und tendenziell gegen Männer gerichtet. „Gleichstellung braucht die Männer und Männer brauchen Gleichstellung“, so bereits das Fazit der finnischen EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 2006. Nur wenn Gleichstellungspolitik mit Jungen und Männern weiterentwickelt und der Überwindung männlicher Rollenstereotype Aufmerksamkeit geschenkt wird, werden nachhaltig Forschritte in Richtung eines partnerschaftlichen gleichberechtigten Miteinanders von Jungen und Mädchen, Frauen und Männern erzielt.

Tatsächlich sind in den letzten Jahren auch die Geschlechterrollen von Jungen und Mädchen in Bewegung geraten: Fürsorgliches Verhalten hat an Bedeutung gewonnen, der unmittelbare Lebensraum – Familie, Partnerschaft, Freundschaften – wird wichtiger, gerade auch für Männer. Viele Männer wollen die engen Bahnen aus gesellschaftlichen Zuschreibungen, aus stereotypen Erwartungen und unreflektierten Selbstbildern abstreifen. Während Mädchen über den „Girls’ Day“ an ein neues Berufswahlspektrum herangeführt wurden, fehlten lange Zeit gleiche Ansätze für die Jungen. Diese entscheiden sich noch immer überwiegend für traditionell männliche Berufe wie Kraftfahrzeugmechatroniker oder Industriemechaniker; der Anteil der erziehenden Männer in Kindertageseinrichtungen bzw. in der Tagespflege lag 2007 hingegen bei 3 % bzw. 2,2 %.

Unabhängig davon mangelt es in Gesellschaft und Wirtschaft nach wie vor an Akzeptanz der von vielen jungen Männern angestrebten aktiven Vaterrolle und betrieblicher Unterstützung einer partnerschaftlichen Lebensgestaltung, die eine gute Balance von Beruf, Familie und Fürsorge für Frauen und Männer ermöglicht. Der damit verbundene Mangel an positiven Vorbildern macht eine geschlechtsbezogene Jungenarbeit umso dringlicher.

Aus den Sinus-Milieustudien ergibt sich allerdings auch, dass in vielen gesellschaftlichen Milieus nach wie vor das Rollenbild des Mannes als (Allein-)Ernährer der Familie dominiert – vor allem bei Männern. Auch die Geburt eines Kindes führt häufig zu einer Traditionalisierung der Geschlechterrollen. An dieser Stelle bedarf es neuer Ansätze, wenn die Bildungs- und Entwicklungschancen von Jungen verbessert werden sollen, weil die traditionellen Rollen nicht mehr tragen. Dazu gehört auch, dass neue Tätigkeitsfelder erschlossen werden. Dies gilt u.a. auch für die Bereiche Erziehung und Betreuung in Kitas, Horten und Grundschulen, die heute noch überwiegend von Frauen besetzt sind. Junge Männer bekommen zusätzliche berufliche Perspektiven und sind nicht mehr nur auf die technischen und produktiven Berufe einer industriell geprägten Gesellschaft fixiert, die angesichts der Entwicklung zu einer Dienstleistungsgesellschaft aber mehr und mehr an Bedeutung verliert. Die Einführung des Elterngeldes hat dazu geführt, dass der Anteil der Väter im Jahresdurchschnitt 2009 auf 18,6 % angestiegen ist; im dritten Quartal lag er sogar bei 20,7 %. 73 % der Väter bezogen im Jahr 2009 allerdings nur zwei Monate Elterngeld.

(...) Eine moderne Gleichstellungspolitik muss Mädchen und Jungen, Frauen und Männer gleichermaßen in den Blick nehmen. Es gilt, jetzt die Chancen für eine moderne Gleichstellungspolitik zu ergreifen. Im Koalitionsvertrag wurde daher die Entwicklung einer eigenständigen Jungen- und Männerpolitik vereinbart, bereits bestehende Projekte für Jungen und junge Männer sollen fortgeführt und intensiviert werden, um ihnen auch in erzieherischen und pflegerischen Berufen erweiterte Perspektiven zu eröffnen. Auch soll die Zusammenarbeit mit Väterorganisationen und anderen gleichstellungsorientierten Männerorganisationen intensiviert werden.


Insidern der Geschlechterdebatte ist bereits klar, aus welcher Fraktion der Männerrechtsbewegung hier die stärksten Einwände zu erwarten sind: Der libertäre Flügel, der dafür plädiert, der Staat solle sich aus der Geschlechterfrage als "privater Angelegenheit" so weit wie möglich heraushalten, wird eine "Gleichstellungspolitik jetzt auch für Männer" mit Sicherheit problematisieren. Auch die Fraktion, die erst mal grundsätzlich gerne an allem herummosert, dürfte vielfältige Einwände formulieren. Hier kommen mit Sicherheit noch einige Debatten auf uns zu.

Der Antrag schließt mit folgender (ebenfalls von mir gekürzten) Passage:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf,

- Studien zu fördern, die untersuchen, wie die typischen Vermittlungsprozesse von Geschlechtsrollen und Handlungsmustern bei Jungen und jungen Männern verlaufen und welche (beeinflussbaren) Faktoren dabei eine Rolle spielen;

- durch Studien die Bedeutung intergenerativer Beziehungen für die Entwicklung und Stabilität männlicher Identität aufzuarbeiten und dabei auch der Frage nachzugehen, welche Bedeutung männliche und weibliche Bezugspersonen in den unterschiedlichen Sozialisationsinstanzen für die Ausprägung von Geschlechtsrollen und geschlechtsspezifischen Handlungsmustern von Jungen haben;

- gemeinsam mit den Ländern Konzepte und Maßnahmen einer geschlechtsspezifischen Förderung auszubauen und weiterzuentwickeln, die sich an der Interessenlage von Jungen orientieren, indem Angebote zur Berufs- und Lebensplanung wie Berufsorientierung in Schulen, Berufsschulen, Berufsinformationszentren, Jugendzentren u.a. – insbesondere auch in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit – geschlechtsbezogen konzipiert und durchgeführt werden und eine frühe Berufsorientierung durch Kompetenzfeststellungsverfahren, Schülerfirmen oder Praktika weiterzuentwickeln;

- Modelle und Programme aufzulegen, die die Schulabschlüsse von Jungen vor allem aus bildungsfernen Schichten exemplarisch verbessern, ihr Berufswahlspektrum angesichts des Wandels zur Dienstleistungsgesellschaft erweitern, Familienarbeit und Sorgetätigkeiten als wichtige Bestandteile in die Lebensplanung integrieren und den Ausbau und die Entwicklung vorhandener Potenziale und Kompetenzen von Jungen unterstützen;

- Rollenstereotype von Jungen mit Migrationshintergrund differenziert zu untersuchen und mit gezielten Maßnahmen auf mögliche Herausforderungen in dieser Jungen-Gruppe zu reagieren;

- mit gezielten Maßnahmen und Instrumenten anzuregen, dass Jungenarbeit die geschlechtstypischen Aspekte der Lebenslage von Jungen und ihre individuelle und soziale Differenziertheit berücksichtigt;

- darauf hinzuwirken, dass in der Ausgestaltung der unterschiedlichen Programme und Modelle aller relevanten Politikbereiche geschlechtsbezogene Zugänge und Konzepte für Jungen berücksichtigt werden, die sich nicht nur auf die Berufs- und Lebensplanung, sondern auch auf die Erweiterung sozialer Kompetenzen und die Reflexion von Geschlecht und männlichen Rollenbildern beziehen;

- bei den Ländern über die Initiative „MEHR Männer in Kitas“ hinaus darauf zu wirken, dass unter Einbeziehung der Ergebnisse und Handlungsempfehlungen des Forschungsprojektes „Männer in der Ausbildung zum Erzieher und in Kindertagesstätten“ effektive Maßnahmen ergriffen werden, um den Anteil von Männern in Bildung und Betreuung in Kindertagesstätten und Grundschulen zu erhöhen und zu prüfen, wie pädagogische Berufe etwa mit Blick auf Weiterqualifizierungen und die Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Berufen attraktiver ausgestaltet werden können;

- unter Einbeziehung von Forschungsergebnissen gemeinsam mit den Bundesländern Qualifizierungsmöglichkeiten für Erzieherinnen und Erzieher mit Blick auf die interkulturelle Kompetenz sowie die Väterarbeit zu erarbeiten;

- gemeinsam mit den Bundesländern vorhandene Strukturen insbesondere im Bildungsbereich dahingehend zu überprüfen, ob sie den tatsächlichen Bedürfnissen von Mädchen und Jungen gleichermaßen gerecht werden, und zu prüfen, wie Schulorganisation und Unterrichtsformen so ausgestaltet werden können, dass sie auch für Jungen attraktiv sind;

- sich für familien- und kinderfreundliche Rahmenbedingungen durch eine familien- und auch väterfreundliche Kultur sowie eine familiengerechte Arbeitswelt einzusetzen, die eine Entscheidung für Kinder durch echte Wahlfreiheit ermöglicht, und verstärkt für familienfreundliche und flexible Arbeitszeitmodelle und sog. „Sabbaticals“ zu werben;

- § 16 des Bundesgleichstellungsgesetzes dahingehend zu ändern, dass es sowohl Frauen als auch Männern offensteht, die Funktion einer oder eines Gleichstellungsbeauftragten wahrzunehmen.


Positionen, für die ich noch vor wenigen Jahren von der feministischen Fraktion massiv gemobbt worden bin – bis hin zu dem Versuch, meine berufliche Existenz zu zerstören –, sind damit zumindest grundsätzlich in den großen Bundestagsparteien angekommen. Sicher: Viele Themenfelder fehlen noch (häusliche Gewalt gegen Männer, die unter Männern weitaus höhere Rate von Selbstmorden und Obdachlosigkeit usw.) Aber vor allem die Felder, die ich in meinem aktuellsten männerpolitischen Buch Rettet unsere Söhne als besonders wichtig benannt habe, werden in dem vorliegenden Antrag thematisiert. Darauf kann weitere konstruktive Männerpolitik aufbauen.

"Unter Kartoffeln" – Was steckt hinter der "Deutschenfeindlichkeit"?

"Kartoffel!", "Nazi"oder auch: "Du Opfer!" Solche Sprüche soll man in letzter Zeit vermehrt an manchen Schulen hören, an denen der Anteil von sozial benachteiligten Schülern mit "Migrationshintergrund" besonders hoch ist. Die Klage von Lehrern darüber war denn auch der Aufhänger einer Tagung, die die Berliner GEW am vergangenen Samstag ausgerichtet hatte. An deren Ende waren sich die meisten Teilnehmer einig: Der Begriff "Deutschenfeindlichkeit" taugt nicht zur Analyse der vorhandenen Konflikte. Dennoch - am darauffolgenden Montag titelte die Berliner Morgenpost: "Wie Araber und Türken deutsche Schüler mobben". "Schule und Integration. Das Gift der muslimischen Intoleranz" schrieb die FAZ. Wie kann es sein, dass die mediale Rezeption die Tagungsergebnisse so ins Gegenteil verkehrt hat?

(...) Diese Haltung führt dazu, dass bei der Bewertung des sozialen Verhaltens von Serkan und Sebastian verschiedene Maßstäbe angelegt werden. Ist Sebastian frech gegenüber seiner Lehrerin, so ist er einfach nur schlecht erzogen, die Gründe für sein Handeln liegen im Individuum. Tut Serkan das Gleiche, kommt sofort der Verdacht auf, es läge an seiner "Kultur", sein Handeln speise sich aus dem Kollektivcharakter der Gruppe, der er zugerechnet wird. Während Sebastian also "einer von uns" ist und vielleicht noch lernen muss, sich als Individuum besser zu benehmen, muss Serkan sich erst mal "integrieren" und an "deutsche" oder wahlweise "westliche" Werte herangeführt werden, die Sebastian qua kultureller Zugehörigkeit selbstverständlich verinnerlicht hat.


Die taz fühlt dem Medienspektakel über eine angebliche neue "Deutschenfeindlichkeit" auf den Zahn.

Samstag, Oktober 09, 2010

"Diese Frau soll getötet werden" – Islamfeindliche Hatz auf Migrationsforscherin Foroutan

Das hatten viele vorhergesehen:

Auf dem Höhepunkt der Sarrazin-Debatte wurde Anfang September gleich zwei Mal die deutsch-iranische Migrationswissenschaftlerin Naika Foroutan zur besten Sendezeit ins TV geladen. Ihr Auftrag bei „Beckmann“ und „Maybrit Illner“: Sarrazin und Co. mit empirisch belegten Fakten das populistische Handwerk legen. Seither ist Dr. Foroutan einer Flut an rassistischen und islamfeindlichen Mails, Blogs und Briefen ausgesetzt. Sogar im privaten Bereich werden sie und ihre Familie belästigt.


Endstation Rechts berichtet.

Die geschilderten Praktiken richten sich natürlich nicht nur gegen Naika Foroutan. Nicht zuletzt soll wohl auch vielen anderen Wissenschaftlern und Publizisten klar gemacht werden: Wenn ihr es wagt, gegen die aktuelle Hetze Einspruch zu erheben und irreführenden Behauptungen zu widersprechen, dann machen wir euch fertig. So sind sie eben drauf, die "politisch inkorrekten Verteidiger der Meinungsfreiheit".

"Islam gehört zu Deutschland" – Mehrheit der Deutschen stimmt Wulff zu

Einer Umfrage des Instituts Infratest dimap zufolge stimmt eine knappe Mehrheit der Deutschen Bundespräsident Wulff darin zu, dass der Islam wie das Judentum und das Christentum zu Deutschland gehöre.

Noch zu Beginn der Woche hatte die BILD-Zeitung, die derzeit eine massive Kampagne gegen Muslime fährt, unter Bezug auf eine Umfrage des Londoner Instituts "Yougov" behauptet, Wulffs Aussage fände nur bei 24 Prozent der Deutschen Zustimmung. Yougov hatte in den vergangenen Jahren der britischen Bevölkerung mehrfach ähnliche Einstellungen zugeschrieben und war möglicherweise deshalb für die BILD das bevorzugte Institut. Wegen einer absurd suggestiven Fragestellung hatte Yougov bei einem anderen Thema bereits scharfe Kritik auf sich gezogen. Die beiden Yougov-Gründer engagieren sich in Großbritannien für die Konservative Partei; einer von ihnen flüchtete aus dem Irak unter Saddam Hussein.

Freitag, Oktober 08, 2010

Neuer Schwulenhass in den USA

Ich sag's ja, Muslime und Juden sind erst der Anfang, vielleicht sogar nur "zufällig" ausgewählte Zielscheiben für den neuen Hass in unserer Gesellschaft. Es dauert nicht lange, bis es andere Minderheiten erwischt:

Schüler werden gemobbt, Kneipengänger verprügelt, Politiker beschimpft, Gesetze verschleppt: Amerikas Schwulenszene spürt scharfen Gegenwind. Doch nach einer Serie von Teenager-Selbstmorden setzen sich Prominente und Normalbürger jetzt lautstark zur Wehr.


Es bringt wenig, darüber zu sinnieren, was die Opfer solcher Hassbewegungen alles getan haben könnten, um diesen Hass auf sich zu ziehen. Irgendwelche Gründe findet der Hassende immer. Viel interessanter ist die Psyche der Täter und warum deren Aggression gerade jetzt ausbricht.

Spiegel-Online berichtet.

Deutschlandfunk porträtiert Politically Incorrect & Co.

Eine ausführliche Analyse, die sich zugleich auf das Wesentliche konzentriert, gibt es hier zum Anhören (dauert etwas mehr als 18 Minuten) und hier zum Nachlesen.

Mit Dank an den Politblogger.

Wenn Mehmet und Ayse Lukas und Leonie mobben

Viele Schüler kennen das: Der Weg zur Schule, die Pause oder der Sportunterricht werden zur Qual. Der Grund: die Mitschüler. Heute nennt man es Mobbing, aber Hänseln und Schikanieren gab es unter Schülern schon immer, sagen Experten. Einige Berliner Lehrer warnten jüngst vor einer neuen Entwicklung. In Problemvierteln von Großstädten würden Schüler deutscher Herkunft von mehrheitlich muslimischen Mitschülern drangsaliert.


Hier geht es weiter.

Donnerstag, Oktober 07, 2010

Islam in Deutschland: Roland Koch stellt sich hinter Bundespräsident Wulff

Der FOCUS berichtet.

Der Antideutsche Mob tobt mal wieder

Die Antideutschen sind nur ein Bruchteil des linksextremen Spektrums, aber sie sind besonders fanatisch, lautstark und erfüllt von Hass – vor allem gegen Juden, die anderer Meinung sind. Ein aktueller Artikel in der Neuen Rheinischen Zeitung macht deutlich, wie diese Leute denken und handeln. Aktuelles Opfer ist Irene Wachendorff, die Gründerin eines israelisch-arabischen Kindergartens, die den Fehler macht, sich über die Menschenrechtsverbrechen gegen die Gaza-Hilfsflotte zu äußern:

„Von da an ging eine ganze Kommentarwelle auf mich runter, von mir völlig Unbekannten, die mich anschrieben“. Inzwischen machten ihr die Reaktionen Angst. Einer meinte, alles sei noch viel zu harmlos gewesen. Leider hätte man nur neun Leute erschossen, eigentlich hätte das ganze Schiff weg bombardiert werden müssen, die beste Lösung wäre allerdings, den ganzen Gaza Streifen wegzubombardieren. Die Post nahm weiter zu, von den Internetportalen „Standpunkte“, „Lisas World“, „Spirit of Entebbe“, die „Achse des Guten“, „Konkret“ und „Jungle-World“. (...) Innerhalb der Auseinandersetzung im Internet wurde Irena Wachdorff als jüdische Verräterin bezeichnet, als schlimme Antisemitin. Man legte ihr sogar nahe, wegen ihres „jüdischen Selbsthasses“ und ihrer „BDM-Sozialisierung“ einen Strick zu nehmen, um sich aufzuhängen. Damit gäbe sie ein gutes Vorbild ab.


Hier findet man den vollständigen Artikel (in dem allerdings das Hetzblog "Lizas Welt" durchgehend falsch "Lisas Welt" genannt wird).

Firma feuert Praktikanten wegen falschem Vornamen

Die Welt berichtet.

Mittwoch, Oktober 06, 2010

Straßburg: Anschläge gegen Juden und Muslime dauern an

Was auch immer Broder, Giordano & Co. sich versprochen haben mögen – Antisemitismus und Islamophobie gehen weiterhin Hand in Hand:

Im Elsass geht die Anschlagsserie gegen Juden und Muslime weiter. Nach Friedhofsschändungen und einem Brandanschlag auf einen türkischstämmigen Kinobetreiber geht Straßburgs Bürgermeister Roland Ries von rechtsextremen Tätern aus. (...) Die Anschlagserie sei nicht zuletzt auf ein „politisches Klima“ zurückzuführen, das in Europa um sich greife, meint Ries. Er verweist auf das gute Abschneiden rechtsextremer Parteien in mehreren EU-Staaten.


"Rechtsextrem" ... ts, ts. So ein böses Wort. Das heißt jetzt "politisch unkorrekt" und steht für Unangepasstheit, Mut und Meinungsfreiheit. Das sind nun mal unsere Werte hier im aufgeklärten Westen, und für diese Werte muss der eine oder andere eben bluten.

Der FOCUS berichtet.

Brisante Neuerscheinung: "Inside America's Concentration Camps"

Mit einem provokanten Titel macht eine Neuerscheinung auf dem amerikanischen Buchmarkt von sich reden: "Inside America's Concentration Camps: Two Centuries of Internment and Torture". Der Verlag selbst stellt das Buch so vor:

Exploring the history and tragedy of concentration camps that were built, staged, and filled with adults and children under the orders of the U.S. government, this vivid narrative brings the stories of victims and flaws of American government to life. Beginning in the 1830s with the imprisonment of Native Americans, this investigation details the camps that reappeared during World War II with the round-up of Japanese Americans, German Americans, Italian Americans, and Jews fleeing Nazi Germany, as well as more recently during the Bush administration with the construction of new concentration camps in Cuba. The moving personal experiences of those imprisoned in the camps, including accounts of how the U.S. government removed children of Japanese ancestry from orphanages only to replace them in camps, are included within this eye-opening history. Both heartbreaking and inspirational, this authoritative record of survival suggests a call to action for those who read it.


Das Branchenmagazin Publisher's Weekly befindet in einer kurzen Besprechung dieses Buches:

While most Americans are familiar with the history of Japanese internment camps during WWII, few know the extent of America's racially-motivated internment. Dickerson seeks to offer readers a comprehensive history of American concentration camps and internment facilities but, while the book purports to cover two centuries of internment and abuse, it really only investigates WWII and the Trail of Tears. Dickerson highlights American abuse against native populations, and touches upon wartime internment not just of Japanese, but also of Jews, Italians, and Germans. His research includes a great number of heartbreaking stories; from Jewish immigrants who escaped the Nazis only to end up in American camps thanks to the low wartime immigration quotas, to Japanese orphans living on subsistence rations, these personal tales throw a vague chapter of the historical record into sharp relief. With economy and insight, Dickerson presents yesterday as a lesson for today and takes a close look at Guantanamo Bay and modern race relations between America and the Arab world.


Eine weitere Rezension beginnt mit folgenden Worten:

At first glance, a title like "Inside America’s Concentration Camps: Two Centuries of Internment and Torture" seems a little excessive. This is the good old USA we are talking about after all, not Nazi Germany. But after reading investigative journalist James L. Dickerson’s latest expose, I understand his choice of words. While the term “Concentration Camps” is unquestionably inflammatory, it does get your attention. And what has occurred in these places over the past 200 years is deplorable.


Hier geht es weiter.

Dienstag, Oktober 05, 2010

Wie BILD Deutschlands Islamisierung vorantreibt

Jörg Lau ist derzeit ganz schön sarkastisch drauf.

Montag, Oktober 04, 2010

"Eigentümlich frei": Welche Hoffnungen gibt es auf eine bürgerliche Partei rechts der Union?

In ihrer aktuellen Ausgabe fühlt unsere liberal-libertäre Zeitschrift "eigentümlich frei" drei Neugründungen im deutschen Parteienspektrum auf den Zahn: dem liberalen Aufbruch in der FDP, der "Partei der Vernunft" und der Partei "Die Freiheit". Sprecher aller drei Neugründungen wurden explizit auch nach der etwa von Norbert Bolz geforderten neuen bürgerlichen Rechtspartei gefragt, die unter anderem wieder für eine "christliche Leitkultur" stehen solle. Die Antworten der Interviewten sind im Kontext dieses Blogs durchaus bemerkenswert.

Frank Schäffler vom Liberalen Aufbruch in der FDP stellt klar:

Nein, eine bürgerliche Rechtspartei ist nicht das Ziel. Die FDP muss als Partei erkennbar sein, die rechtsstaatliche Grundsätze und den Schutz der individuellen Freiheit in allen Politikbereichen durchsetzt. Diese Grundsätze richten sich nicht an besondere Schichten oder Einkommensgruppen, sondern an alle.


Aaron König von der Partei "Die Freiheit" verdeutlicht zunächst, dass man "die politische Ideologie des Islamismus (...) streng von der Religion des Islam trennen muss" und positioniert sich damit immerhin links von Gestalten wie Henryk Broder und Ralph Giordano (was nicht schwer ist). Zur Frage nach einer neuen konservativen Rechtspartei erklärt er:

"Konservativ" finde ich als Begriff zu unpräzise, es kommt ja immer darauf an, was da konserviert werden soll. (...) Religion und Familie halten wir für Privatsache, daraus sollten sich sowohl die Regierung als auch die Parteien heraushalten. (...) Wir sind daher offen für alle freiheitsliebenden Menschen, egal ob sie in ihrem Privatleben Christen, Juden, Muslime, Buddhisten oder Atheisten sind – vorausgesetzt, sie teilen unsere Werte.


Und Oliver Janich von der "Partei der Vernunft" antwortet auf die Frage nach einer neuen bürgerlichen Rechtspartei:

Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was das soll. Wir leben in unserer Partei konservative und christliche Werte wie Ehrlichkeit, also Wahrheit, Zuverlässigkeit, Vertrauen und Nächstenliebe. Was soll "rechts" sein? Jeder Einwanderer ist uns herzlich willkommen, wenn er hier arbeitet. (...) Es ist wahnwitzig, die relativ kleine liberale Opposition auch noch aufzuspalten.


Das ist doch ein bemerkenswertes Rumgedruckse. Erstaunlicherweise kann sich sogar unter den politischen Neueinsteigern und Außenseitern innerhalb des fraglichen Spektrums kaum ein Politiker ernsthaft für die derzeit so stark propagierte "bürgerliche Kraft rechts von der Union" a la Sarrazin & Co. begeistern. Seltsam: Wenn man bestimmte Schriften (einschließlich "eigentümlich frei") so liest, sind doch gut neunzig Prozent der Bevölkerung dafür? Tatsächlich scheint aber einschließlich der Rechtskonservativen selbst so ziemlich jeder zu wissen, dass man sich mit solchem Zahlenzauber nur etwas vormacht. Eine auch nur halbwegs relevante Zahl von Wählern ist in diesem Lager nicht zu holen.