Montag, September 27, 2010

Kachelmann-Prozess: Alice Schwarzer arbeitet inzwischen als Hellseherin

Professor Klaus Kocks stellt in einem längeren Beitrag für das durchaus lesenswerte Blog Starke Meinungen Gisela Friedrichsen und Alice Schwarzer in ihrer Eigenschaft als Gerichtsreporterinnen einander gegenüber und gelangt zu einem klaren Urteil:

Gisela Friedrichsen ist die Gerichtsreporterin des SPIEGEL, Nachfolgerin des legendären Gerhard Mauz, die sich bei Strafprozessen regelmäßig ein eigenes Urteil erlaubt. Übrigens durch ein Verfahren, das aus der Mode gekommen ist: Sie sitzt Tag für Tag in den Verhandlungen, sie redet Stunde um Stunde mit den Verteidigern und Staatsanwälten, sie geht ins Detail und kommt wieder aus den Details hervor und bietet einen eigenständigen Blick auf den Täter. Man kann ihr Erkenntnisinteresse mit dem Schillers charakterisieren, der sich in den Verbrecher aus verlorener Ehre vertieft hat.

Dieses Verfahren ist Alice Schwarzer („Emma“) zu mühsam; sie urteilt erkennbar aus Vorsatz und als Partei, nämlich für das Opfer, vorausgesetzt, das Opfer ist weiblich. Schwarzer hat den Furor der bösen alten Frau, die sich vor die junge weibliche Unschuld stellt. Das höhere Interesse ersetzt die Niederung konkreter Kenntnisse allzu oft. Bei „Anne Will“ räumt sie freimütig ein, dass sie ihr Hauptargument zugunsten des mutmaßlichen Opfers der Presse entnommen habe, aber dann weder das Opfer noch deren Anwalt dazu habe befragen können. Eine nicht verifizierte Mutmaßung als argumentative Keule; man glaubt seinen Augen und Ohren nicht zu trauen. Die Frankfurter Allgemeine (Harald Staun) registriert, dass sie bei den Verhandlungen, über die sie urteilt, nicht mehr gesehen werde. Gleichwohl fällt sie ihr Urteil, nachzulesen in BILD. Beseelt von der gerechten Sache, bedarf es nicht mehr der Recherche. Hier handelt eine Hexe in der vermaledeiten Logik der Hexenverbrenner.


Treffender hätte ich es auch nicht formulieren können.

(Harald Stauns Artikel, auf den Kocks sich bezieht, findet man hier.)

Schwarzer selbst sieht sich selbstverständlich als eine der wenigen Objektiven bei diesem Prozess.