Samstag, Juli 18, 2009

Henryk Broder: Steine aus dem Glashaus?

Henryk Broder ist in Sabine Schiffers vergleichender Analyse von Antisemitismus und Islamophobie als vergleichbare Formen von Menschenfeindlichkeit nicht besonders gut weggekommen. Seitdem versucht er, sie in seinem Blog "Die Achse des Guten" wieder und wieder mit Schmutz zu bewerfen und als politische Radikale hinzustellen, die nicht sonderlich ernst zu nehmen sei. Frei nach dem Motto: "Aber Sie werden doch nicht auf solche Leute hören …" Das kann man machen, diese Strategie verwenden beispielsweise auch die Redakteure der "Jungen Freiheit", wenn sie etwa das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung immer wieder als linksradikal bezeichnen. Vielleicht hat Broder sich diese Taktik dort abgeschaut, ob bewusst oder unbewusst.

Allerdings gibt es bei dieser Vorgehensweise zwei Probleme. Das erste: Die Argumentation des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung ist durchaus wissenschaftlich überzeugend (und ich sage das als Germanist), und das wäre sie auch, wenn sie meinetwegen von Satanisten vorgelegt worden wäre. Dasselbe gilt für die Argumentation von Sabine Schiffer. Hier mit persönlichen Angriffen zu kontern, das zieht in der Regel höchstens bei den eigenen Anhängern. Das zweite Problem ist das, womit Broder Sabine Schiffer angreift.

Nachdem sich das rechtsradikale Blog "Politically Incorrect" Schiffer nämlich darüber ereiferte, dass Schiffer der "iranischen Propagandaseite" IRIB bereitwillig ein Telefoninterview gegeben habe, griff Broder dies für seinen Beitrag Endstation IRIB dankbar auf:
Für jede Profession gibt es eine Endstation. Für Politiker ist es das Europa-Parlament, für Moderatoren 9Live, für Promis das “Dschungelcamp”, für Schlagersänger das Willicher Schützenfest. Und für Nahostexperten das deutsche Programm des staatlichen iranischen Rundfunks, IRIB. Hier treffen sich die Kaffesatzanalysten mit den ins Archiv entsandten Sonderkorrespondenten. (…) Und jetzt auch noch Dr. Sabine Schiffer, Gründerin und Leiterin des Erlanger Instituts für Medienverantwortung. Wie ihre Ko-Kameraden findet sie nichts dabei, sich vom Propaganda-Sender eines Regimes interviewen zu lassen, das die Meinungsfreiheit im eigenen Land unterdrückt. Ja, das ist wirklich medienverantwortliches Verhalten.

Da hört man doch eine starke Mischung aus Entrüstung und Verachtung heraus. Beides würde sich sogar noch überzeugender anhören, wenn man Broder jetzt nicht vorhalten würde, dass er selbst vor wenigen Jahren ein interessantes Interview gegeben habe. Und jetzt raten Sie mal wem.

"Endstation IRIB", in der Tat.

Nun bin ich ja immer gerne bereit, bei einem so netten Menschen wie Broder für entlastende Momente zu suchen. Aber sämtliche Erklärungsversuche bleiben ein wenig unbefriedigend: Hält Broder alle seine Leser für dermaßen dämlich, dass kein einziger von ihnen hinter Broders eigenes Interview mit dem "Propaganda-Sender eines Regimes" kommt, "das die Meinungsfreiheit im eigenen Land unterdrückt"? Oder weiß er einfach heute schon nicht mehr, wem er vor wenigen Jahren ein Interview gegeben hat? Sollte sich das Alter bei Broder am Ende noch durch andere Kennzeichen bemerkbar machen als dass er von Woche zu Woche feindseliger und reaktionärer wird?

Ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie zeichnen beide möglichen Erklärungsversuche kein besonders gutes Bild.