Mittwoch, Juni 27, 2007

Comedy-Time bei den Neocons: Ist Arne Hoffmann hyper-antisemitisch?

Angenommen, man hätte, sagen wir: Yassir Arafat, Korruption vorgeworfen – wäre das antisemitisch gewesen? Nein, finden Sie, weil Arafat doch gar kein Jude war? Ist egal, behaupten inzwischen einige, der Vorwurf von Korrumpierbarkeit und Geldgeilheit ist ein beliebtes antisemitisches Klischee, dazu braucht es überhaupt keinen realen Juden. Wer also wem auch immer Korruption vorwirft, dürfte wahrscheinlich ein Antisemit sein, und wenn der Angesprochene auch noch wirklich ein Jude ist, dann aber ganz gewiss.

Tja, da stehen wir nun. Die Jüngeren unter den Lesern dieses Blogs werden es nicht mehr miterlebt haben, aber früher gab es zum Thema Antisemitismus noch ganz ernsthafte Debatten. Seit jedoch immer mehr Leute entdeckt haben, dass „Antisemit!“ in der politischen Auseinandersetzung eine ziemlich coole Beleidigung ist, wurde sie derart ausgedehnt, dass sie manchmal ins unfreiwillig Komische gerät.

Insbesondere Neokonservative kommen dabei mitunter auf die erstaunlichsten Ideen. Aktuell nimmt man an diesem Beitrag von mir Anstoß - ein, wie ich finde, hübscher kleiner Text darüber, dass sich heutzutage selbst die Wortführer des „allgemeinen Volksempfindens“ als halbe Widerstandskämpfer inszenieren. Daraus wird hier versucht, mir den Strick des Antisemitismus zu drehen. Bald entsteht eine turbulente Debatte: Manche Anonymen sind wie immer besonders mutig mit ihren Beschimpfungen, ein „Sir Walter Raleigh“ regt an, den „Hyper-Antisemitismus“ zu erfinden (jegliche Unterstellung, die schon mal gegen Juden angewendet wurde, gilt ab sofort als antisemitisch, in welchen neuen Zusammenhängen auch immer) und ob Theodor Herzl ein Antisemit war, ist offenbar auch noch nicht ganz klar. Aberwitzig, aber witzig. Immerhin scheinen die Neocons diesmal ziemlich schnell gemerkt zu haben, dass sie da ein Eigentor geschossen haben, und brachen die Diskussion lieber ab. Das alles war ja ganz unterhaltsam, nur: Dass Antisemitismus früher mal ein ernsthafter Vorwurf gewesen war, geht bei all diesem Instrumentalisieren schon ein wenig unter.

Früher hieß „Antisemit“ noch „Da ist einer, der Juden hasst“. Heute bedeutet es vielfach: „Da ist einer, den mag ich nicht so.“ Die echten Judenhasser werden für diese Banalisierung sehr dankbar sein.

Donnerstag, Juni 21, 2007

TV-Tipp: „Prison Break“

Eine neue Serie, die durchgängig auf das Prinzip Spannung hin ausgerichtet ist. Ich habe die ersten beiden Staffeln schon gesehen und war davon sehr angetan. Ab heute abend, 22:15 Uhr, auf RTL.

Sonntag, Juni 17, 2007

"Erinnerung an antisemitische Gerüchte"

Auch Österreichs orientalischem Onlinemagazin Kismet stand ich, ebenso wie meine Mitblogger, gern für ein Interview zur neuen Welle von Fremdenfeindlichkeit in Deutschland zur Verfügung. Irgendwie ist es mir dabei sogar gelungen, einen Hinweis auf Genderama unterzubekommen. Cross-Marketing ist eben auch wichtig, was soziales Engagement angeht.

Freitag, Juni 15, 2007

Freispruch zweiter Klasse

In dem Fall, der im April letzten Jahres vollkommen übereilt als „Rassistischer Mordversuch in Potsdam“ beschlagzeilt wurde, ist heute der inzwischen längst erwartete Freispruch erfolgt. Wie es dazu kam, fasst sehr gekonnt noch einmal die FAZ zusammen. (Warum in anderen aktuellen Artikeln immer noch von einem „Überfall“ die Rede ist, als stünde das wenigstens fest, weiß im übrigen der Kuckuck.) Ich hatte schon vor über einem Jahr in einem Interview mit der „Jungen Freiheit“ darauf hingewiesen, wie irrwitzig die Vorverurteilungen der Angeklagten ausgefallen waren und wie schäbig sich Staat und Medien in ein immer größeres Spektakel hinaufgeschaukelt hatten. Wie gewohnt war ich eher eine Einzelstimme; die wenigen Politiker, die ähnliche Warnungen äußerten, wurden der „Verniedlichung“ und „Bagatellisierung“ gescholten. Heute hingegen feiert man in rechtsradikalen Blogs fröhliche Partys, weil dieser Freispruch beweisen soll, dass bei der Bekämpfung von Rassismus generell Übertreibung und Hysterie vorherrsche.

Vor ein paar Stunden rief mich ein Redakteur des Hessischen Rundfunks an, um ein Telefoninterview mit mir in meiner Eigenschaft als Medienexperten zu führen. Im Vorgespräch gewann ich den Eindruck, dass auch er das Gespräch gerne in die Richtung „Hysterisierung von Fremdenfeindlichkeit“ steuern wollte. Falls das so war, dann war ich dafür der falsche Mann: Die Zahl der rechtsextremen Übergriffe hatte 2006 tatsächlich einen neuen Höchststand erreicht, verrät uns eine aktuelle Statistik des Innenministeriums (einen Kommentar dazu gibt es heute in der “Frankfurter Rundschau“). Das ist also ganz klar keine Phantomdebatte. Die Idiotie bestand darin, dass man alles, was jahrelang an nachhaltigen Maßnahmen gegen den Rassismus versäumt wurde, anfallsartig an einem einzigen Fall aufarbeiten wollte, wobei dann Staat und Medien auf Angeklagte einprügelten, die (wie man sieht: nicht ohne Grund) im Sinne des Gesetzes als unschuldig zu gelten hatten. Vermutlich werden sie trotz des Freispruchs für viele noch immer "die Täter von Potsdam" bleiben.